Auf den Spuren der Vergangenheit
Matthias Baars klärt Vermisstenfälle aus Flugzeugabstürzen auf
Lübbrechtsen/Groß Ilde (gök). Der Fall ist mysteriös. Der englische Sergeant Ross wurde am 14. Februar 1941 in Groß Ilde zwischen Lamspringe und Bockenem gefunden. Der Engländer war Mitglied einer Flugzeugbesatzung, die mit einer Whitley an einem Luftangriff auf Berlin am 16. Dezember 1940 teilnahm. Die Whitley soll im Verlaufe des Angriffes ins Meer abgestürzt sein und die restliche Mannschaft ist verschollen. “Früher wurden englische Besatzungsmitglieder bei schweren Verletzungen zu Beginn des Krieges während des Fluges auch mal mit einem Fallschirm aus dem Flugzeug geworfen, damit sie in Deutschland eine Chance zum Überleben hatten. Den langen Rückflug hätten viele sonst nicht überstanden. Dies würde den Fund von Sergeant Ross zwei Monate nach dem Absturz erklären. Wir suchen aber Zeitzeugen, die etwas zu diesem Vorfall sagen können”, so Matthias Baars aus Lübbrechtsen. Helfen können auch Landwirte, die auf ihren Äckern vielleicht Metallteile gefunden haben.
Der 45jährige Bäckermeister aus dem Külftal arbeitet ehrenamtlich in der Arbeitsgruppe Luftfahrtarchäologie. Die Gruppe erforscht und erfasst Flugzeugabsturzstellen aus dem 2. Weltkrieg. Die Daten werden dann im ADAWEB – einer Datenbank für Archäologen – vom Niedersächsischen Landesdenkmalamt erfasst. Zusammen mit einem Franzosen betreibt Baars zudem noch die Homepage www.crashplace.de, welche als Datenbank und Forum betrieben wird. Für Geschichte hat sich Baars schon immer interessiert und vor rund 15 Jahren den Vorgänger des jetzigen örtlichen Heimatvereins gegründet. Später erforschte er in der Region auch Totentafeln, Glocken und schrieb auch die Chronik zum 1150jährigen Jubiläum von Lübbrechtsen. Seine Homepage betreibt er seit 2003 und hat sich mittlerweile auf diese Arbeit in seiner Freizeit konzentriert. Zusammen mit anderen Luftfahrtarchäologen hat er schon Abstürze vom Steinhuder Meer bis hinter Hildesheim erforscht. Mittlerweile wird es aber immer schwieriger, solche Fälle zu lösen, da die Zeitzeugen vom 2. Weltkrieg immer weniger werden. Im zweiten Weltkrieg sind in der Region fast in jedem zweiten Ort mal Flugzeuge abgestürzt, weshalb es noch entsprechend viel aufzuarbeiten gibt. Viele Anfragen zu Abstürzen bekommt Baars auch über seine Homepage, wenn Angehörige nach Flugbesatzungen suchen, die immer noch verschollen sind. Daraus haben sich auch schon gute Bekanntschaften entwickelt, so dass Baars an Weihnachten auch immer Postkarten aus dem Ausland erhält. Doch nicht jeder darf auf einem Acker nach Metallteilen suchen. Suchstellen müssen beim Niedersächsischen Landesdenkmalamt angemeldet werden und für seinen Metalldetektor hat Baars sogar einen Zertifizierungslehrgang absolviert. Mittlerweile hat der Bäckermeister an über 100 Fällen mitgewirkt und so viele Schicksale aufklären können. Seine Erfahrungen hat Baars auch in das Buch Luftkrieg im Weserbergland von Detlef Creydt mit eingebracht und denkt daran, so ein Buchprojekt auch für den Hildesheimer Raum zu schaffen.
Für den aktuellen Fall in Groß Ilde hofft Baars nun auf Hilfe eines Zeitzeugen, damit die Umstände vom Tod von Sergeant Ross aufgeklärt werden können.
Foto: Matthias Baars wälzt für die Recherche viele Bücher und Listen