Niedergebrannt und immer wieder aufgestanden
DorfKulTour erinnert an zahlreiche Wallenser Katastrophen
Wallensen (gök). Der 23. Oktober 1617 war für die Wallenser Bürger einer von vielen Schicksalstagen. Vor 399 Jahren brannte der kleine Ort an der Saale erneut vollständig ab. Die enge Bauweise innerhalb der Stadtmauer und strohbedeckte Häuser sorgten dafür, dass innerhalb kürzester Zeit der Ort vernichtet wurde. Solidarität gab es aber auch damals schon unter den Orten des jetzigen Salzhemmendorfer Ortsteils. Spenden aus Thüste und Ockensen sorgten dafür, dass Menschen in Wallensen überhaupt überleben konnten. Der Winter stand vor der Tür und die eingebrachte Ernte war in dem Brand zum Großteil ebenfalls vernichtet worden.
„Wir wollten mit einer Begehung des Ortes an diesen Schicksalstag erinnern, dem nächstes Jahr im Rahmen seines 400jährigen Jubiläums eventuell etwas größer gedacht werden soll“, so Wanderführer Heinrich Meier. Schon damals waren sich nicht alle regionalen Herrscher bewusst, wo Wallensen überhaupt liegt. Denn zum Wiederaufbau war es den Wallensern erlaubt worden, Eichen- und Fichtenbalken im Solling zu schlagen. Dass es aber vor 400 Jahren fast eine Tagesreise in den Solling war, war wohl damals nicht jedem Herrscher bewusst. Nach einem Einspruch durfte das dringend benötigte Holz schließlich in heimischen Wäldern geschlagen werden.
In den rund 950 Jahren Wallenser Geschichte war der Brand 1617 aber besonders schlimm, da ab 1618 der 30jährige Krieg folgte und ständig Kriegstruppen unterwegs waren, die gerne auch kleine Orte plünderten und so das Leid vor Ort deutlich erhöhten. In dieser Zeit entstand auch die Wallenser Bürgerglocke, die bis zur Fusion mit der Kirchengemeinde Saaletal jeden Tod eines Wallenser Bürgers lautstark verkündete. Die Wallenser hoffen, dass diese Tradition bald wieder aufgenommen werden kann. Ebenfalls in diesen Jahren sind auch der Taufstein und der Altar der St.-Martins-Kirche entstanden, die heute noch in der Kirche zu bewundern sind.
Aber auch schon vor dem Brand von 1617 gab es viele große Feuer in Wallensen, wie etwa 1435, als Wallensen aber von spiegelbergischen und bischöflichen Belagerern niedergebrannt wurde, da das Gebiet um Wallensen in seiner Geschichte oft ein Zankapfel mit den Homburgern darstellte. Nach weiteren Bränden wurde Wallensen bis 1586 erneut wieder an der Saale aufgebaut und die Siedlungsmöglichkeit auch erstmals außerhalb der Stadtmauer am nördlichen Saale-Ufer erlaubt. Die Anzahl der Feuerstellen in dem Ort durfte sich dabei aber nicht erhöhen. Bei 43 Feuerstellen schätzte Heinrich Meier die Einwohnerzahl damals auf 250 bis 300 Einwohner in dem kleinen Ort.
Danach wuchs Wallensen dann immer weiter, bis der Ort 1776 seinen letzten großen Flächen-Brand im Ort erlebte. Da entstand dann auch das jetzige Aussehen der Kirche, die bei dem Brand auch in Mitleidenschaft gezogen wurde und eine neue Haube auf den Turm bekam. Nach seiner höchsten Einwohnerzahl direkt nach dem Zweiten Weltkrieg bedingt durch die Flüchtlinge aus den ostdeutschen Gebieten schrumpft der Ort wie viele andere derzeit wieder, ist aber immer noch das südliche Zentrum im Flecken Salzhemmendorf.
Der Verein DorfKulTour hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Leben im Ort zu stärken und in seinem Haus an der Stadtmauer kulturelle Veranstaltungen durchzuführen, wofür sich nun auch die rund 20 Teilnehmer an der Wanderung anlässlich des großen Wallenser Brandes bedankten. Zum Abschluss begleitete noch die Jugendfeuerwehr mit Fackeln die Wanderer von der Kirche zum Abschluss am Haus an der Stadtmauer, wo sich die Teilnehmer in gemütlicher Runde noch stärken konnten.
Foto1: Heinrich Meier erklärt den Teilnehmern der Wanderung den Umfang der damaligen Siedlung in der Angerstraße
Foto2: Daten an Häusern verraten, wann diese im Ort entstanden sind
Foto6: Im Niedertor stand eines der Stadttore, deren Fundamente beim Kanalbau gefunden wurden
Foto8: Die Kirche hat die vielen Brände von Wallensen überstanden
Foto15+24: Die Jugendfeuerwehr begleitete anlässlich des Brandjubiläums die Wanderer von der Kirche zum Haus an der Stadtmauer