Insel der Gegensätze

Kreta – Urlaub für Genießer
Chersonisos (gök). “Und, warst Du in der Samaria-Schlucht?” Diese Frage verfolgt mich schon 20 Jahre, weshalb ich nun mit meiner Familie auch gerne wieder den Familienurlaub auf Kreta – der größten griechischen Insel – verbrachte. 1997 verbrachte ich mit meiner damaligen Freundin bereits einen Urlaub in Gergioupoli auf Kreta, was sich auf der West-Seite der Insel als hervorragender Ausgangspunkt für Ausflüge geeignet hätte. Unsere tollen Miturlauber sorgten aber schließlich dafür, dass wir damals unseren Urlaub fast nur auf dem Hotel-Gelände (Eliros) verbrachten und dort viel Spaß hatten. Lediglich ein Ausflug zum Süßwassersee Limni Kourna sowie nach Rethymno und zum Schildkrötenstand bei Georgioupoli, der mit 14 Kilometern Länge auch der längste Strand von Kreta ist. 20 Jahre später stand für mich und meine „Ex-Freundin und Ex-Verlobte“ fest, dass wir uns dieses Mal die Insel etwas genauer angucken würden.
Ich hatte allerdings die Größe der Insel etwas unterschätzt. Kreta ist in der Breite rund 270 Kilometer Luftlinie lang und an der engsten Stelle immer noch etwa zwölf Kilometer breit. Dieses Mal war das Hotel Serita Beach in Anissaras für zwei Wochen unser Ausgangspunkt, welches mit seinem tollen Service die nächsten zwei Wochen zu überzeugen wusste. Vorher stand noch die Anreise über den Frankfurter Flughafen an, wo sich auch die rechtzeitige Anreise lohnte, da wir alleine vom Bahnhof zum Gate knapp eine Stunde zu Fuß unterwegs waren. Der erste Tag auf Kreta war sehr kurz, da wir erst gegen Mitternacht im Hotel ankamen und nach einer Mütze Schlaf am nächsten Morgen zunächst das sehr schöne Hotel mit den tollen Mitarbeitern erkundeten. Die weitläufige Anlage bietet mit einem Haupthaus und kleinen Bungalowanlagen für jeden Geschmack etwas, wobei wir den Bungalow bevorzugten. Das engagierte Animationsteam sorgt zudem für viel Abwechslung, wo wir auch an der einen oder anderen sportlichen „Herausforderung“ wie Dart, Wasserball, Boccia oder Shuffleboard zusammen mit unseren zusammen angereisten Freunden teilnahmen.


Schwierig und ohne Wasserschuhe nicht zu empfehlen gestaltete sich der erste Besuch im angrenzenden Mittelmeer, dass auch im Oktober immer noch eine angenehme Temperatur hatte. Dank unser Schnorchelmasken konnten wir unter Wasser viele bunte Fische bewundern, was aber mit Taucherparadiesen wie Ägypten nicht verglichen werden kann, obwohl das Wasser bei ruhiger See kristallklar ist. Zugegeben war ein Schnorchelgang im Meer wegen dem Wind und den damit verbundenen hohen Wellen nicht oft möglich. Einige „Gefahrensucher“ trotzten der roten Flagge ab und an, was an unserem letzten Tag im Hotel fast mit einem tödlichen Badeunfall einer leichtsinnigen Familie endete, was nur der beherzte Einsatz des Rettungsschwimmers verhinderte. Erkundet wurde gleich am ersten Tag die Küstenlinie in der Nähe. Vom Strand aus konnten wir einige andere Hotels ausmachen, die einen sehr guten Eindruck hinterließen. In einer Lounge im Ort genehmigten wir uns schließlich auch den ersten Urlaubscocktail, der die Entspannungswochen einleiten sollte.

Wie in allen anderen Urlauben in den letzten Jahren auch wollten wir aber nicht nur in der Hotelanlage bleiben, sondern auch Land und Leute kennenlernen. Dazu eignete sich am besten wieder der Mietwagen, der zum Ende der Saison auch etwas günstiger als in der Hauptsaison zu bekommen war. Der erste Tag mit dem Mietwagen führte uns zum Markt in Agios Nikolaos. Natürlich waren in diesem Touristenhotspot auch viele Auswärtige unterwegs, doch auch Einheimische kauften hier zu günstigen Preisen neben Obst und Gemüse auch Kleidung ein. Neben dem wirklich schmackhaften Obst beeindruckte uns alle aber der angebotene Souflaki-Spieß am Ende des Marktes, der dort von einem Imbiss-Betreiber auf seinem Holzkohlegrill zubereitet wurde. Neben dem Mittwochs stattfindenden Markt beeindruckt Agios Nikolaos aber auch mit dem Hafenbereich, wo durch eine natürliche Bucht der kleine Voulosmeni-See in der Altstadt entstanden ist, in dem der Legende nach zum Ende des Zweiten Weltkrieges die Deutsche Wehrmacht auch eigenes Militärgerät versenkt haben soll, was bisher aber noch kein Taucher entdeckt hat. Der Süßwasser-See wird wahrscheinlich durch unterirdische Quellen mit Frischwasser versorgt und soll der Legende nach über einen unterirdischen Kanal mit der Vulkaninsel Santorin verbunden sein, die aber rund 150 Kilometer nördlich von Kreta im Mittelmeer liegt.
Nach der Reise in diesen beliebten Hotspot an der Nordküste standen Serpentinen auf dem Plan. Über die Berge führte uns der Weg zur südlichsten Stadt Europas nach Ierapetra, wo wir an der schönen Uferpromenade einen Mittagsstopp einlegten, ehe wir etwas weiter östlich den dortigen Sandstrand genossen und wieder die Unterwasserwelt erkundeten. Zum Abschluss des Tages legten wir noch einen Stopp bei Istron ein, wo die Hotelanlagen Istron Villas bewunderten, die teilweise wunderschön in die Steilküste integriert wurden.

Der nächste Tag mit dem Mietwagen führte uns zur “Freude” der hinten im Auto platzgenommenen Passagiere auf die Lassithi-Hochebene, wodurch wir wieder viele Serpentinen hinter uns bringen mussten. Bei einem Fotostopp vergewisserten wir uns bei einem Bauern von der hervorragenden Olivenöl-Qualität in der Gegend und kauften dem Bauern auch etwas ab, der seine eigenen Erzeugnisse an der Bergstraße anbot. In der Bergdorf Krasi beeindruckte uns die große Platane auf dem Dorfplatz, die an der Wurzel einen Umfang von gleich 18 Metern hatte und dem ganzen Platz wohltuenden Schatten spendete. Selbst in einer Höhe von einem Meter betrug der Umfang immer noch 14,5 Meter. Zwischen Moni Kera und dem Ambelos-Pass legten wir aufgrund der Aussicht und Kaffeedurstes einen Stopp am Museum der Menschheitsgeschichte ein. Während die Frauen ihren Kaffee und die Aussicht genossen, gingen wir durch das sehr kleine Museum, was aber für geschichtsinteressierte Menschen kaum Neuigkeiten aufzeigte. Für sehr kleine Besucher mag es aber trotzdem interessant sein.

Nachdem wir die Hochebene mit tausenden Schafen und Ziegen wieder verlassen hatten, klang der Tag schließlich an einem Strandabschnitt aus, wo gerade unsere jüngeren Reisebegleiter den Wellengang genossen.
Nicht fehlen durfte während des Urlaubs natürlich auch nicht ein Ausflug nach Heraklion in die Inselhauptstadt. Die Autobahn brachte uns dort schnell hin, doch der Stadtverkehr war dann sehr wuselig, was aber mir als Fahrer auch wieder Spaß bereitete. Freitags und samstags ist in Heraklion Markt, den wir nach einigem Suchen dann auch fanden. Hier waren kaum Touristen unterwegs und besonders die Einheimischen deckten sich mit Vorräten ein. Wir genossen nicht nur die tolle Qualität der Früchte, sondern vor allem wieder die sehr leckeren Souflaki-Spieße, die für kleines Geld gleich an mehreren Stellen angeboten wurden.

Nachdem wir Heraklion wieder verlassen hatten, besuchten wir zur Freude der Kinder mit dem Mietwagen noch einen der beiden großen Wasser-Parks, wo unzählige Rutschen auch meinen Körper das ein oder andere Mal forderten. Am Abend ging es dann mit dem Nachwuchs noch einmal zum shoppen auf die Einkaufsmeile von Chersonisou in der Nachbarschaft unseres Hotels, wo auch für den Nachwuchs Zuhause noch ein Mitbringsel gefunden wurde.

Ein weiteres Highlight während der Reise sollte der Besuch der Imbros-Schlucht sein. Ein Besuch der 17 Kilometer langen Samaria-Schlucht wurde aufgrund der Entfernung zum Hotel verworfen. Mit An- und Abreise war uns die Gesamtzeit von rund 17-18 Stunden einfach zu lang. Der Besuch der Imbros-Schlucht mit ihren acht Kilometern Länge bei einem nur abwärts verlaufen Höhenunterschied von 500 Metern ist aber auch sehr lohnenswert.  Der über Cretan Holidays gebuchte Ausflug beinhaltet eigentlich sogar zwei Ausflüge, da die Reiseleitung auf dem Weg zur Schlucht auch Wissenswertes über die Insel erklärt. Nachdem uns ein Minibus am Hotel eingesammelt hatte, mussten wir in einen großen Reisebus umsteigen, von wo es schließlich über zweieinhalb Stunden Fahrt nach Imbros ging. In der dortigen Taverne erhielten wir von der Reiseleitung einen schmackhaften Snack – eine mit Schafskäse gefüllte und Honig versehene Pita -, die uns für die Wanderung stärken sollte. Nach kurzem Einstieg in die Schlucht tat sich diese schließlich zwischen den Felsen auf, wofür man pro Person 2,50 Euro Eintritt zahlen musste, die sich aber lohnen. Empfohlen ist für die Schlucht festes Schuhwerk und ausreichend zu trinken, da sich der Abstieg bei angenehmer Geschwindigkeit rund zweieinhalb Stunden hinzieht.


Aufgrund des steinigen Weges muss man sich beim Gehen immer wieder sehr konzentrieren, um nicht zu stolpern. Die Reiseleitung gab uns daher den Hinweis, öfters stehenzubleiben und die Aussicht zu genießen, was wir auch taten. Auch ein Blick zurück lohnte sich oft, da sich die Perspektive dann ganz anders darbot. An der schmalsten Stelle ist die Schlucht nur 1,60 Meter breit, wobei die Felswände einige hundert Meter nach oben gehen und der Eindruck bleibend ist. Kaum vorstellbar ist, dass dieser Weg durch die Schlucht bis 1970 noch regelmäßig von der Bevölkerung der Südküste genutzt werden musste, weil die Straße über die Berge noch nicht fertiggestellt war. Nach der tollen Wanderung warteten am Ende der Schlucht einige Tavernen auf einen Besuch, wobei die Reiseleitung den Besuch einer Taverne empfohlen hatte. Uns tat eine einsame Frau in einer anderen Taverne aber leid, da sie keine Gäste hatte. Daher aßen wir dort unser Mittagessen und wurden auch hier nicht enttäuscht. Die Dame jenseits des Renteneintrittsalters zauberte uns ein Essen auf den mit einer karierten Tischdecke verzierten Tisch auf der Terrasse, was wohl seinesgleichen sucht. Die Terrasse bot dazu einen tollen Ausblick über die ganze Bucht von Frangokastello, die wir anschließend für einen Badestopp im Rahmen des Ausflugs noch besuchten.

Das dortige Fort wurde im 14. Jahrhundert zum Schutz vor Piraten erbaut und bildete für die Ausflugsgäste einen kleinen Anlaufpunkt. Wunderschön war aber auch der Strand, der durch ein Riff auch vor großen Wellen geschützt ist. Aufgefallen sind uns während dem Ausflug am Straßenrand aber auch wieder die vielen Verkehrsschilder in den Bergen, die anscheinend gerne Zielübungen für Gewehrschützen darstellen. 80 Prozent der Haushalte von freiheitsliebenden Einwohnern von Kreta besitzen ein Gewehr, ob nun erlaubt oder nicht. Auffällig sind am Straßenrand auch die kleinen Kapellen, die heutzutage einen traurigen Hintergrund haben. Während in Deutschland bei Verkehrstoten von den Angehörigen oft Kreuze aufgestellt werden, werden in Griechenland kleine Kapellen gebaut. Diese Ikonostasen beinhalten dann zumeist eine Ikone und Olivenöl oder Weihwasser, um an die gestorbenen Menschen im Straßenverkehr zu erinnern. Die Ikonostasen gibt es aber schon seit Jahrhunderten, wobei gerade in Besatzungszeiten dort gerne Gegenstände versteckt wurden und sonst der Glaube bezeugt wurde.


Kreta ist eine Insel der Gegensätze. Auf der Südseite am Lybischen Meer ist es grundsätzlich gleich fünf Grad wärmer als auf der Nordseite der Insel. Dafür ist das Meer etwas kälter, da es laut Erklärung der Reiseleitung auch wesentlich tiefer und salziger ist. Die Westseite von Kreta ist auch viel grüner als die Ostseite, da es dort viermal mehr als im Osten regnet. Von viel Regen kann man dabei im Vergleich zu unseren verregneten Sommern in Deutschland aber wahrlich nicht sprechen. Während der zwei Wochen Anfang Oktober in Kreta hat es lediglich zweimal kurz geregnet, während sonst fast nur die Sonne schien und zum Sonnenbad unter freiem Himmel einlud. Nachdem wir mit einem Quad noch an einem Tag die Gegend erkundeten, führte uns der letzte Ausflug des Urlaubs zu der Insel Chrisi etwa 15 Kilometer südlich von Kreta. Auf der geschützten Insel genossen wir vor allem den schönen Strand “Golden Beach”, den man von Anleger nach einem kurzen etwa 300 Meter langen Fußmarsch durch ein Wäldchen mit windgebeugten, zum Teil über 300 Jahre alten Wacholderbäumen.
Die letzten Tage vor dem Abflug genossen wir dann nochmal am sonnengefluteten Pool in geselliger Atmosphäre, wo man hervorragend vom Alltag abschalten konnte. Auch Kreta wird eine Insel sein, wo wir nochmal hinfliegen werden. Denn die Samaria-Schlucht steht nach wie vor auf der Löffel-Liste, bis sie irgendwann gestrichen werden kann.