Fast 25 Jahre für die gute Sache
Bundesverband für Brandverletzte wirkt aus Oldendorf / Vorstandswechsel
Oldendorf (gök). Das ein Bundesverband seinen Sitz in Oldendorf hat, vermuten Außenstehende eher nicht. Dieser Umstand ist beim Bundesverband für Brandverletzte dem ehrenamtlichen Engagement von Petra Krause-Wloch zu verdanken. 1991 hatte die in der Krankenpflege tätig gewesene Krause-Wloch auf dem Weg zum Nachtdienst einen folgenschweren Autounfall, von dem sie ihre Brandverletzungen am Kopf und an der Hand davontrug. Nach ihrem Unfall wachte die Oldendorferin in Duisburg in einer Spezialklinik wieder auf, wurde aber mit vielen Fragen später aus dem Krankenhaus entlassen.
Damals wurde sie von der Klinik ins kalte Wasser geworfen und gefiel sich selbst überhaupt nicht mehr. Eine Halbseitenlähmung und Ärger mit der Krankenkasse und der Berufsgenossenschaft beschäftigte die engagierte Mutter danach mehr als sie wollte. Schnell reifte in ihr der Wunsch, dass das nicht jedem so gehen muss. Bei der Vorstellung von ehrenamtlichen Vereinen in Hannover fand sie Kontakt zu anderen Brandverletzten und zusammen gründeten sie am 2. Juli 1994 den Bundesverband für Brandverletzte e.V., wo die Oldendorferin gleich zur Vorsitzenden gewählt wurde. Krause-Wloch sieht nach wie vor den Hauptsinn in dem Verein, sich gegenseitig zu motivieren und Hilfe zur Selbsthilfe zu geben. Am Anfang schrieben sie im Verein gemeinsam ein Reha-Konzept und förderten den Austausch von Betroffenen. Schnell kam bei Ärzten aber die spürbare Angst auf, dass diesen Behandlungsfehler vorgeworfen werden könnten, weshalb von dieser Seite kaum Unterstützung kam. Auch dank des Bundesverbandes sind Brandverletzungen mittlerweile als seltene und chronische Krankheit anerkannt. Ein großes Problem sind nach wie vor aber Integrationsprobleme. So gibt es immer noch Schwimmbäder in Deutschland, wo Brandverletzte nicht schwimmen dürfen. „Inklusion und Integrationssätze nützen nichts. Die Abneigung ist immer noch da, darf aber in der Gesellschaft nicht mehr offen gezeigt werden. Nach außen soll alles gut aussehen“, bemängelt Alexander Lattekamp aus Osterwald, der bei der letzten Jahreshauptversammlung vergangenes Jahr den Vorsitz von der langjährigen Vereinsvorsitzenden übernommen hat. Die Arbeit des Vereins soll künftig auf noch mehr Schultern verteilt werden, wobei der Sitz aber in Oldendorf bleiben soll. Hier stellt Krause-Wloch dem Verein Räumlichkeiten in ihrem Haus zur Verfügung, von wo die Geschäftsstelle geführt wird.
Die Schmerzen der Betroffenen hängen laut dem Bundesverband mit der Seele zusammen. Deshalb strebt man bei Brandverletzung zunächst die seelische Heilung an und baut die Menschen nach dem Schicksalsschlag wieder auf. Danach machen vor allem Narbenschmerzen und das oft vorliegende Trauma den Menschen zu schaffen. Gerade auf Trauma spezialisierte Psychologen sind aber rar in Deutschland, weshalb der Verein hier in Zukunft sehr gerne unterstützen würde. Natürlich ist der Verein neben der Unterstützung der Krankenkassen weiterhin auf seine Mitglieder angewiesen. Hier soll die Mitgliederzahl von derzeit 120 in Zukunft gesteigert werden. Leider nehmen sehr viele Betroffene sehr gerne zwar die Leistungen des Vereins in Anspruch, wollen diesen aber auch mit dem geringen Mitgliedsbeitrag von zwölf Euro als förderndes Mitglied im Jahr nicht unterstützen. Bemängelt wird von dem Verein auch die Zweiklassengesellschaft bei Brandverletzungen. Petra Krause-Wloch etwa hatte Glück im Unglück, dass ihr Unfall als Wegeunfall ein Fall für die Berufsgenossenschaft wurde. Bei Privatunfällen fehlen viele Leistungen wie etwa besondere Brillen oder Permanentkosmetik.
Der Verein will sich auch weiterhin vor allem politisch einbringen, um Lobbyarbeit für die vielen Brandverletzten bundesweit zu leisten. So werden laufend Gesprächsnotizen gefertigt, um Anträge in den entsprechenden Ausschüssen stellen zu können. Der Bundesverband für Brandverletzte ist der einzige von drei bundesweit tätigen Vereinen für Brandverletzte, der sich auch politisch einbringt. Alle Vereine haben verschiedene Schwerpunkte, wobei der Oldendorfer Verein die Hilfe zur Selbsthilfe in den Mittelpunkt stellt. „Die betroffenen Menschen werden ohne die Vereinsarbeit in einer der größten Volkswirtschaften der Welt sonst alleine gelassen“, bedauert Lattekamp. Der Vorstand ärgert sich vor allem über die Geldverbrennung in vielen anderen Bereichen.
Für die Zukunft hat sich der Verein viel vorgenommen. Seit 2007 baut der Verein schon eine Stiftung auf, die derzeit noch eine Unterstiftung der Bürgerstiftung Weserbergland ist. Forciert werden soll auch die Jugendarbeit, wofür der Verein gerade im Aufbau einer Jugendhomepage ist. Auf der Suche ist der Verein derzeit nach einer neuen Buchhalterin, die sich in Oldendorf auch mit einbringt, wo auch zukünftig der Vereinssitz sein soll. 2019 wird der Bundesverband für Brandverletzte sein 25jähriges Jubiläum feiern, wozu einige Veranstaltungen noch geplant werden. Ins Auge gefasst haben Krause-Wloch und Lattekamp dazu bisher einen Tag der offenen Tür sowie eine Charity-Fahrradtour.
Foto3931+3932: Der Bundesverband setzt vor allem auf Hilfe zur Selbsthilfe
Foto3934: Alexander Lattekamp und Petra Krause-Wloch führen den Bundesverband
Foto4133+4134: In Oldendorf hat der Bundesverband seinen Sitz