Eigenbau als weiteres Standbein
Jung-Landwirte bauen mobilen Hühnerstall in Dörpe
Dörpe (gök). Viele Kunden guckten ganz ungläubig oder fragten die Betreiber gleich: „Wollt Ihr Euch ein Wohnmobil bauen, ist es Euch im Haus zu eng geworden“, erinnert sich Christoph Mützenich schmunzelnd zurück. Vor einigen Monaten schon kauften die 29jährige Anika Holweg und ihr 27jähriger Lebensgefährte Christoph Mützenich einen LKW-Auflieger und brachten diesen auf den Familienhof nach Dörpe. Dort betreiben die Eltern von Anika Holweg schon seit Generationen den Bauernhof und seit 17 Jahren ihren Hofladen, der mittlerweile viele Stammkunden hat. Die Familie verfolgt schon seit vielen Jahren das Konzept von mehreren Standbeinen, um den Hof auch weiterhin hauptberuflich betreiben zu können.
Nachdem Anika Holweg zunächst nach der Schule den Berufsweg in Richtung Büro lenkte, wurde ihr mit den Jahren bewusst, dass sie den elterlichen Hof gerne in die Zukunft übernehmen und hauptberuflich auf dem Bauernhof arbeiten möchte. Daher studierte sie in Soest Agrarwirtschaft und lernte dort auch ihren jetzigen Lebensgefährten Christoph Mützenich kennen. Zusammen wollen sie auf dem Hof arbeiten und brachten auch schon erste Ideen mit ein. Eine davon war der Bau eines mobilen Hühnerstalls, wofür der LKW-Auflieger von dem Paar gekauft wurde. Dank des handwerklichen Geschicks von Mützenich wurde der Auflieger in mühevoller Arbeit in den letzten Monaten auf dem Bauernhof umgebaut und sorgte mit der Baustelle für einen interessanten Anlaufpunkt bei den Kunden des Hofladens.
Die Technik des Aufliegers hat sich das Paar dabei nicht komplett selbst ausgedacht. Auch bei der Installation haben Elektriker drei Tage geholfen und auch die Sensoren aufeinander abgestimmt. „Das hätte meine Fähigkeiten definitiv überfordert. Es gibt neben dem normalen Verkauf von mobilen Hühnerställen auch Firmen, die nur die Technik dafür verkaufen“, erklärt Mützenich. Dank dem Hydraulikanschluss kann mit Hilfe des Traktors und einem Schiebesystem auch der Mist aus dem Stallinneren dann nach draußen befördert werden. Das Projekt wurde von den beiden Studenten genau geplant und dafür auch Messen besucht oder andere Hühnerställe besichtigt, um sich einen genauen Überblick zu verschaffen. Bei den vorhandenen fertigen Hühnerstallmodellen hat dem Paar nichts hundertprozentig gefallen oder aber der Preis war zu hoch. Für das jetzige Projekt rechnen die Junglandwirte mit Materialkosten in Höhe von rund 30 000 Euro, wobei der Hühnerstall mindestens zehn bis fünfzehn Jahre verlässlich Eier liefern soll. „Die investierte Arbeit mit den vielen Stunden dürfen wir dabei natürlich nicht rechnen“, so Holweg im Gespräch.
Bisher waren die Legehennen vom Hofladen in einem festen Stall. Mit dem mobilen Hühnerstall wird der Hühnerbestand auf rund 350 Tiere fast verdoppelt, wodurch künftig auch Eier-Lieferengpässe der Vergangenheit angehören sollen. Ein größerer Stall kam für das Paar nicht in Frage, die Wirtschaftlichkeit sollte aber trotzdem gegeben sein. Zudem möchte das Paar gerne auch die Eier veredeln und mit weiteren Produkten wie Eierlikör oder Nudeln das Sortiment des Hofladens vergrößern. Bis Ende September soll der neue mobile Hühnerstall fertig sein und dann künftig auf einer Wiese vor Dörpe seinen Platz finden. Für die bessere Mobilität wurde zudem vorne auch eine weitere Achse angebaut, damit der Auflieger auch gut mit dem Traktor bewegt werden kann. Dank der Luftfederung kann der Auflieger zwanzig Zentimeter nach oben befördert werden, was den Transport auf der Weide dann auch erleichtert. Die Tiere werden innen automatisch gefüttert und auch die Eier automatisch zusammengeführt. Für die Stromversorgung wird auf dem Dach noch eine Photovoltaikanlage installiert, wodurch auch Beleuchtung oder Lüftung autark sichergestellt ist. Der Auflieger ist zweistöckig aufgebaut, wobei sich die Hühner im unteren Bereich und im angrenzenden Freigehege austoben können.
„Uns ist besonders das Vertrauen unserer Kunden und das Tierwohl sehr wichtig. Daher sorgen wir dafür, dass die Hühner deutlich mehr Auslauf als gesetzlich gefordert und gute Nahrung bekommen. Auch dürfen unsere Stammkunden immer mal wieder hinter die Kulissen blicken“, erklärt das Paar im Gespräch. Der Auflieger wird dann auch noch grün gestrichen und mit Werbung versehen, so dass der Wiedererkennungswert auch gegeben sein wird.
„Die Direktvermarktung macht uns einfach Spaß und wir werden das auch noch weiter ausbauen. So haben wir zum Beispiel auch auf einem halben Hektar Land Weihnachtsbäume gepflanzt, die wir später verkaufen können“, erklärt Mützenich, der genau wie seine Partnerin kurz vor dem Studienabschluss steht. Dank der verschiedenen Möglichkeiten mit dem Studienabschluss wird das Paar vor der Hofübernahme vermutlich erst noch in einem anderen landwirtschaftlichen Bereich arbeiten und sich daneben auch auf die Suche nach weiteren Nischen begeben, die dann mit dem Bauernhof in Dörpe besetzt werden könnten. „Normale Ackerfrüchte anzubauen wird immer schwieriger, weshalb das für uns auch weiterhin in der Zukunft ein steiniger Weg wird. Die Arbeit macht uns aber Spaß und deswegen gehen wir den Weg gerne“, ist sich das Paar einig, weiter auf selbst produzierte Produkte zu setzen.
Foto1356: Am Anfang sah der LKW-Auflieger noch ganz normal aus
Foto8280: Im Inneren ist schon viel Technik verbaut
Foto8287: Christoph Mützenich und Anika Holweg freuen sich auf die Fertigstellung ihres mobilen Hühnerstalls