Als die Energie noch im Boden saß

Bergmänner sicherten Energiebedarf der Industrie in der Region

Osterwald/Duingen (gök). Die Energieversorgung in der Region ist derzeit noch durch das Kernkraftwerk in Grohnde gesichert. Mehr und mehr übernehmen aber erneuerbare Energien wie Windkraft oder Biogasanlagen diese Aufgabe. Noch bevor aber die Kernkraft die Stromversorgung sicherte, wurde der immer größer werdende Energiebedarf vor allem durch den Kohleabbau unter oder über Tage befriedigt.

Auch in der hiesigen Region zeugen noch jetzt mehrere Orte davon, wie bedeutend auch der Berg- und Tagebau in dieser Region war. Den ersten Bergbau in Deutschland gab es seit 970 und damit vor 1050 Jahren bei Goslar. Steinkohlebergbau gab es aber vermutlich schon in der Römerzeit und damit außerhalb von Deutschland schon viel länger. Nachdem im 17. Jahrhundert das Holz in Deutschland immer knapper wurde, wuchs der Bedarf an Steinkohlen rasch. Während große Bergbauzentren vor allem im Ruhrgebiet oder in Sachsen entstanden, stammt die älteste Nachricht über den heimischen Bergbau über den Steinkohlebergbau am Osterwald aus Dezember 1585. Zwei Jahre später ordnete Herzog Julius, Landesherr der Fürstentümer Wolfenbüttel und Calenberg, die Umstellung der drei herrschaftlichen Salzkothen in Salzhemmendorf auf Steinkohlebefeuerung an. Damit sicherte er den Fortbestand des Bergwerks am Osterwald und sorgte für dessen Ausbau in der Folgezeit. Mit der Lauensteiner Glashütte entstand 1701 ein neuer Großabnehmer und ab 1784 nutzte auch die Ziegelei auf dem Hemmendorfer Dreisch die Kohle aus dem Osterwald.

Der Osterwalder Bergmeister Wilhelm Hartleben leitete ab 1833 den Bergbau am Osterwald und konnte die Fördermengen in den Folgejahren auch durch den Betrieb einer weiteren Glashütte in der Nähe sowie das beginnende Industriezeitalter immer weiter erhöhen. Der Höhepunkt wurde dann 1872 mit 56797 Tonnen erreicht, ehe der allmähliche Niedergang einsetzte. „Dies hatte vor allem mit der wachsenden Infrastruktur in Deutschland zu tun, da günstigere Kohle aus dem Ruhrgebiet oder Schlesien leichter verteilt werden konnte“, erklärt Dr. Olaf Grohmann im Gespräch. Der Historiker aus Wennigsen steht ehrenamtlich dem Verein für Förderung des Bergmannswesens aus Osterwald vor, welcher dort das Besucherbergwerk Hüttenstollen sowie das Museum betreibt.

Nach einem kurzen Aufschwung nach dem Ersten Weltkrieg aufgrund der Ruhrbesetzung endete der Bergbau am Osterwald am 10. Juli 1926. Aufgrund der Notsituation lebte nach dem Zweiten Weltkrieg in etlichen stillgelegten Revieren in Norddeutschland wie auch am Osterwald der Steinkohlebergbau wieder auf. Bis zum Jahr 1953 dauerte dann auch in Osterwald der Notbergbau, wodurch auch zwei neue Firmen entstanden. Die im Vergleich zur Ruhrkohle qualitativ schlechtere Steinkohle blieb in Mittelniedersachsen konkurrenzfähig, bis der Ausbau von Eisenbahnlinien und des Mittellandkanals die Voraussetzungen für den kostengünstigen Transport der Ruhrkohle wieder verbesserte.

Aber auch in der Nachbarschaft von Osterwald gab es viel Berg- und Tagebau. Im Deisterrevier und im Schaumburgischen wurde noch bis in die späten 1950er Jahre gefördert. In der Schachtanlage in Rössing-Barnten bei Nordstemmen wurde sogar noch bis 1984 gefördert, ehe dort auch das Aus kam. Mit dem Bergwerk Rössing-Barnten war auch der Hüttenstollen partnerschaftlich eng verbunden, unterstützten doch die Bergmänner aus Rössing-Barnten maßgeblich bei der Herrichtung des Besucherbergwerks in Osterwald.

Die geförderte Steinkohle in Osterwald war nur etwa halb so alt wie die Ruhrkohle und wurde in der ganze Region als Wealdenkohle bezeichnet. Aufgrund ihres geringeren Alters war ihre Qualität auch nicht so hochwertig, was dann früher als im Ruhrgebiet das Ende des Bergbaus einläutete. Allein rund um Osterwald gab es 26 Stollen und rund 90 Tagesöffnungen in der Region. Noch heute gibt es im Berg noch einige Öffnungen neben dem Hüttenstollen in die Unterwelt. Wanderer etwa kommen auf dem Bergmannsweg auch am Steinbrinkstollen am Nesselberg unweit von Dörpe vorbei. Noch heute zeugen Straßennamen wie „Glückauf“ gegenüber des Rasti-Landes von der bewegten Bergbaugeschichte der Region. Neben dem Bergbaurevier am Osterwald gab es in der Nähe aber auch Reviere am Süntel, Deister, Nesselberg sowie am Hils.

An der Köhlerhütte in Coppengrave wird noch heute an den Bergbau am Hils erinnert. Der Teich vor der Köhlerhütte ist das Mundstück eines flach geneigten Stollens, der von 1902 bis 1905 400 Meter weit gegen den Hils vorgetrieben wurde. Die Kohlenausbeute deckte aber gerade den Betriebsbedarf der Köhlerhütte. Die unmittelbar nördlich gelegene große Halde, auf der eine Ruhebank steht und die eine schöne Aussicht auf das Dorf Coppengrave bietet, besteht aus dem Abraum des Bergwerks. Zur Entwässerung wurde ein weiterer Stollen angelegt, der etwa 200 Meter südlich des Schützenhauses im Mühlensiek mündet. Nachdem mehrere Erkundungsbohrungen ergaben, dass das Kohleflöz nicht abbauwürdig ist, wurde der Bergbau 1905 in Coppengrave eingestellt. Schon vorher gab es aber auch in der Nachbarschaft in Hohenbüchen Steinkohlebergbau, der ebenfalls von Herzog Julius im 16. Jahrhundert gefördert wurde.

Da nach heutigem Verständnis auch Steinbrüche zum Bergbau zählen, ist die ganze Region mit ihren Steinbrüchen am Ith, Kanstein, Thüster Berg oder Duinger Berg noch eine Hochregion des Bergbaus. Eine besondere Rolle spielte auch der Tagebau bei Wallensen, der erst Ende der 1960er Jahre eingestellt wurde. In dem heutigen Naherholungsgebiet rund um Bruch- und Humboldtsee wurde ab dem 19. Jahrhundert – anfangs noch unter Tage – im Tagebau Humboldt Braunkohle mit bis zu 300 Beschäftigten im großen Umfang abgebaut. In der Spitze wurden dort pro Jahr 368 500 Tonnen Braunkohle abgebaut und in der Wallenser Brikettfabrik weiterverarbeitet.

  

Foto0237: Der Teich an der Köhlerhütte war das Mundloch des Stollens

Foto0432: Der Osterwalder Bergmeister Wilhelm Hartleben läutete die Hochzeit des Osterwalder Bergbaus ein (Quelle Hüttenstollen)

Foto1015: Auf dem Bergmannsweg entlang des Osterwaldes und Nesselbergs wandelt man noch heute auf den Spuren des Bergbaus

Foto1818: Noch heute zeugen Straßennamen wie „Glückauf“ von der Bedeutung des Bergbaus für die Region

Foto2444: Am Nesselberg wurde der Eingang des Steinbrinkstollens anschaulich hergerichtet

Foto2541: Betriebsanlagen und Bergleute des Tiefbauschachtes im Jahr 1904 in Osterwald (Quelle Hüttenstollen)

Foto6684: Der Eingang zum Hüttenstollen – dem Besucherbergwerk in Osterwald

Foto010: Die Belegschaft des Hüttenstollen kurz nach dem Zweiten Weltkrieg (Quelle Hüttenstollen)