Zukunft des Tierheims Holzminden noch unklar

Verhärtete Fronten zwischen Tierschutzverein und Feldwegeinteressenschaft

Holzminden (gök). Das Tierheim am Ziegeleiweg in Holzminden ist mittlerweile in die Jahre gekommen und bietet nicht mehr ausreichend Platz. Eine Vergrößerung vor Ort ist aber nicht möglich. Zum einen müsste man bei Bedarf sogar für den Ausbau der Kläranlage noch Platz machen und ein Neubau in der Nachbarschaft scheitert daran, dass es sich um Überschwemmungsgebiet handelt. „Ein Neubau mit wahrscheinlichen Kosten von zweieinhalb bis drei Millionen Euro Kosten wäre auch nicht finanzierbar, obwohl uns die Stadt auch eine Wiese dafür angeboten hat“, erklärt der Tierschutzvereinvorsitzende Jens Müller im Gespräch.

Mit Hilfe der Stadt hat man schließlich nach alternativen Gebäuden Ausschau gehalten, welche man dann zu einem neuen Tierheims-Standort umbauen könnte Das Bauamt schlug schließlich das sogenannte Celten-Anwesen am Allernbusch vor, welches auch schnell vom Verein für gut befunden wurde. Ende 2018 erwarb der Verein schließlich das Gebäude für 360 000 Euro aus eigenen Mitteln, nachdem ein positiver Bauvorbescheid vorlag und bis auf die verkehrliche Erschließung alle Auflagen durch den Verein erfüllt wurden. Müller rechnet damit, dass man insgesamt rund 600 000 Euro in den neuen Standort investieren müsste, um dort künftig Tiere artgerecht unterzubringen. Dem Vorwurf von ersten baulichen Maßnahmen auf dem Gelände durch den Verein entgegnet Müller, dass dort nur die Gebäude entkernt wurden, was auch vor einem genehmigten Bauantrag möglich ist.

Im Bauvorbescheid waren für die verkehrliche Erschließung zwei Möglichkeiten aufgeführt. Zum einen durch eine direkte Verbindung zur Kreisstraße 57 oder eine Baulastregelung über den westlich des Grundstücks verlaufenden Wirtschaftsweg. Der Vereinsvorstand hatte sich schließlich für den Kauf entschieden, da auch die damalige Landrätin erklärte, dass ein benötigtes Wegerecht noch nie abgelehnt wurde.

Als Grundstückseigentümer ist der Verein automatisch Mitglied der Feldwegeinteressenschaft und stellte im Februar 2020 einen entsprechenden Antrag, der aber auf der Jahreshauptversammlung der Feldwegeinteressenschaft komplett gegen die Stimme des Tierschutzvereins abgelehnt wurde. „In rund 50 Jahren Geschichte dieses Realverbandes war es das erste Mal, dass so ein Wegerecht verwehrt wurde. Vorher wurde so etwas zudem auch vom Vorstand beschlossen und war nicht Teil einer Mitgliederversammlung“, wundert sich Müller immer noch über das Verhalten des Feldwegeinteressenschaftsvorstandes. In einem Vermittlungsgespräch bot der Verein dann auch eine Schranke mit Fernschaltung auf dem Wirtschaftsweg an und auch mögliche Ausfälle bei der Jagdpacht hätte man übernehmen können. Mit weiteren Parkplätzen auf dem Gelände selber wollte man zudem dafür sorgen, dass auf dem Weg auch keine Probleme entstehen. Dies stieß erst auch auf Zustimmung der Feldwegeinteressenschaft, doch vor Weihnachten erhielt Müller einen Anruf von deren Vorsitzenden. Dieser erklärte in dem Gespräch, dass gegen den Bauvorbescheid doch geklagt wird, obwohl man vorher in der Mitgliederversammlung noch erklärt hatte, dass man gegen die Stadt Holzminden nicht klagen will.

Auf Nachfrage dieser Zeitung erklärte der Landkreis jetzt auch, dass auch der Streifen zwischen Kreisstraße und Celten-Anwesen der Feldwegeinteressenschaft gehört, wo ohne deren Zustimmung keine Zufahrt möglich wäre. Damit würde auch die erste Alternative aus dem Bauvorbescheid wegfallen, doch Müller hatte schon vor einiger Zeit erfahren, dass für diesen Seitenstreifen schon eine Baulast eingetragen ist. Mit dieser könnte der Landkreis die Straße bei Bedarf verbreitern.

Holzmindens Bürgermeister Jürgen Daul teilte auf Anfrage mit, dass gegen den Bauvorbescheid zwei Widersprüche von Dritten eingelegt wurden, die aber beide von der Stadt abgelehnt wurden. Warum der Kaufvertrag vom Tierheim ohne Vorliegen des Wegerechtes abgeschlossen wurde, ist vom Bürgermeister laut eigener Aussage nicht zu bewerten. Auf die erste Alternative über die direkte Zufahrt von der Kreisstraße ging er in seinen Ausführungen nicht mehr ein.

Die Feldwegeinteressenschaft begründet ihre Ablehnung gegen die Einrichtung eines Wegerechtes mit der Sorge um den Arten- und Naturschutz. Größere Sorgen als um die Belastung für das Wild durch Bellen der Hunde, hat die Feldwegeinteressenschaft aber vor dem Parasiten Nesopora caninum, der laut ihrer Aussage durch Hunde über den Kot an die Umgebung abgegeben wird. Eine Nachfrage bei einer Tierärztin ergab aber, dass das eher ein Problem für die Hunde ist, wenn sie etwas aufnehmen. Die Hunde vom Tierheim werden regelmäßig entwurmt und auch die ehrenamtlichen „Gassi-Geher“ sind vom Tierschutzverein angehalten, Kotbeutel mitzuführen und auch zu benutzen. Der Tierschutzverein hält die Belastung durch die eigenen Hunde im Vergleich zu der großen Anzahl an Privathunden im Bereich des Allernbusch als sehr gering, zumal laut Veterinäramt beim Wild derzeit auch keine Probleme bekannt sind. Eine Belastung stellen für die Feldwegeinteressenschaft auch die Katzen im Tierheim da, die vor Ort dann Vögel und andere Tierarten jagen könnten. Hierzu stellt das Tierheim aber klar, dass die Katzen sich ja nur im Katzenhaus dann aufhalten würden und ein einwirken auf die Umwelt nicht gegeben ist. Einem Wegerecht verwehrt sich die Feldwegeinteressenschaft auch aus dem Grund, dass es sich für sie um ein nicht privilegiertes Bauvorhaben handelt, was die Stadt aber anders sieht. Mit der Klage beim Verwaltungsgericht will der Vorstand nun Fakten sprechen und das ganze rechtlich prüfen lassen. Friedrich Schütte bemängelt in diesem Zusammenhang aber, dass er und andere Mitglieder in sozialen Netzwerken diffamiert und beleidigt werden, obwohl sie auch für den Tierschutz eintreten.

Die Fronten sind derzeit zwar verhärtet, doch das Tierheim ist gut vorbereitet. Sofort nach einem für das Tierheim positiven Ende des Rechtsstreites und dem Vorliegen einer Baugenehmigung könnte man mit den Arbeiten beginnen, wofür auch schon zahlreiche Aktive in den Startlöchern stehen. Auch viele Gewerbetreibende haben schon ihre Unterstützung zugesichert, sich für den Tierschutz in Holzminden bei dem Umbau des Tierheims zu beteiligen. Das Tierheim hat mit den meisten Kommunen im Landkreis Verträge abgeschlossen, wodurch Fundtiere dann dort aufgenommen und versorgt werden. Mit den Zuwendungen aus diesen Verträgen könnte der Verein dann auch den Betrieb des Tierheims finanzieren. „Wir sind froh und dankbar, dass uns aus der Bevölkerung eine so große Unterstützung gezeigt wird. Wenn das nicht der Fall gewesen wäre, hätten wir schon den Mut verloren. Für uns ist das immer noch der perfekte Standort und wir ziehen das Projekt bis zum Ende durch“, ist Müller zusammen mit seinen Vorstandskollegen und Unterstützern voll motiviert.

Foto4101+4102: Tierheimleiter Carsten Voß und der Tierschutzvereinvorsitzende Jens-Uwe Müller hoffen, dass sie bald die Türen zum neuen Standort am Allernbusch öffnen dürfen

 

Foto4107: Der hintere Teil soll nach Vorliegen der Baugenehmigung das Hundeshaus werden und der vordere kleine Teil das Katzenhaus

 

Foto4108: In dem Haus des Anwesens soll die Verwaltung, die Sozialräume, der Quarantäne- und Kleintierbereich untergebracht werden.

Foto4109: Für die Zufahrt zum Gelände gibt es bisher noch kein Wegerecht

 

Foto4111: Das Hundehaus hat der Tierschutzverein schon entkernt