Rehkitze sollen gerettet werden
Jäger setzten auf „Manpower“ und moderne Technik
Alfeld/Eime (gök). In der jetzigen Brut- und Setzzeit sind gerade die Jungtiere in der Natur sehr gefährdet. Mit der Leinenpflicht sind die Tiere zumindest meistens vor Hunden geschützt, die in der Natur von ihren Haltern ausgeführt werden. In der Setzzeit werden neben Junghasen oder Federwild gerade die neugeborenen Rehkitze im hohen Gras vor den natürlichen Räubern wie Füchsen, Greifvögeln und Schwarzwild von den Ricken versteckt. Zum Schutz der Kitze gehört die Strategie, sich bei Annäherung natürlicher Feinde vollkommen still zu verhalten und nicht die Flucht zu ergreifen. Da die Kitze in den ersten Lebenstagen noch kaum Eigengeruch haben, ist dies recht erfolgreich. Dieses Verhalten hat aber den Nachteil, dass die Jungtiere unglücklicherweise auch bei einem näherrückenden Mähwerk liegenbleiben und im hohen Gras kaum gesehen werden können. Deswegen fallen nach Schätzungen des Deutschen Jagdverbandes bundesweit mehr als 100 000 Rehkitze der Mähmaschine bei der Wiesenmahd zum Opfer.
Sven Friedemann aus Eime ist schon seit fast 30 Jahren Jäger und setzt sich schon seit jeher für den Schutz der Jungtiere ein. Besonders stolz ist er derzeit auf seinen Jungjägerkurs bei der Jägerschaft Alfeld, die er bis zur Prüfung im Herbst begleitet. Die 20 Schüler konnten pandemiebedingt zwar keinen Präsenzunterricht machen, wurden aber in Zoom-Videokonferenzen umgehend geschult. Die Jungjäger zeigen laut Friedemann aber ein hohes Engagement und bringen sich schon während ihrer Ausbildung stark bei der Jägerschaft ein.
Seitdem sich die Wetterlage gebessert hat, steht in diesen Tagen bei vielen Landwirten der Grünlandschnitt an. „Die Ernte muss von den Landwirten eingebracht werden“, erklärt Friedemann die derzeitigen Arbeiten der an sich auch sehr verantwortungsvollen Landwirte. Durch die Mähmaschinen mit einer Schnittbreite von bis zu zehn Metern und einer bis zu 15 Km/h hohen Geschwindigkeit sind die Jungtiere bei der Ernte einer großen Gefahr ausgesetzt. Die Landwirte müssen die Ernte aber mindestens einen Tag vorher bei ihrem jeweiligen Jagdpächter anmelden, so dass diese noch Schutzmaßnahmen ergreifen können.
„Ende Mai und Anfang Juni sind jetzt schon viele Kitze gesetzt. Diese folgen erst nach 14 Tagen der Ricke und werden vorher nur im hohen Gras abgelegt. Das Muttertier kommt dann lediglich zum Säugen zum Kitz, die sonst in Duckhaltung liegen“, erklärt Friedemann. Die einfachste Maßnahme von Jagdpächtern zum Schutz der Jungtiere sind Vergrämungsmaßnahmen, wozu oft Plastiktüten eingesetzt werden. Diese rascheln im Wind im besten Fall dann so, dass die Muttertiere ihre Jungtiere in andere Gebiete bringen, die sicherer sind. „Ob das immer zielführend ist, bleibt erstmal dahingestellt“, ist sich Friedemann nicht immer über den Erfolg der Maßnahme sicher. Die zweite Methode ist schon sehr viel sicherer, da dann die Flächen persönlich und genau abgesucht werden. Dazu hatten sich etwa die angehenden Jäger aus dem derzeitigen Lehrgang der Jägerschaft Alfeld sofort gemeldet und haben mit viel Manpower zig Flächen abgesucht, wo auch einige Rehkitze vor dem Tod bewahrt wurden. Dabei wurden auch ausgebildete Suchhunde eingesetzt, die sich vor gefundenen Tieren ablegen und diese so anzeigen.
Alleine beim ersten Einsatz auf einer Wiese bei Langenholzen wurde auf einer Wiese im Jagdrevier von Roland Schaper 14 Teilnehmer von dem Ausbildungslehrgang eingesetzt. Insgesamt 18 Personen suchten dabei die Wiese ab und wurden auch schnell fündig. Geschützt mit speziellen Handschuhen und Gras wurde ein Rehkitz aufgenommen, damit es den menschlichen Geruch nicht annimmt. Am Waldrand wurde es dann wieder ausgesetzt, wo es durch Fiepen das Muttertier anlocken kann. Das Muttertier hält sich laut Friedemann immer in der Nähe auf und gerät durch die vielen Menschen in Panik. Ein schnelles Umsetzen des Rehkitzes und finden durch das Muttertier beruhigt die Situation dann wieder. Im Normalfall wird das Rehkitz durch die Ricke dann in ein anderes Gebiet geführt, wo es sicherer ist. „Allein durch den Einsatz der vielen Jungjäger und Jagdpächter können viele Rehkitze gerettet werden“, ist Friedemann mit den Maßnahmen schon sehr zufrieden.
Eine dritte Möglichkeit zum Schutz der Jungtiere ist der Einsatz von Drohnen. Diese kommen dann meist am Morgen vor der Mahd zum Einsatz, wo mit Hilfe von Wärmebildkameras auch kleinere Wärmequellen schnell gefunden werden. „Hier ist die Jägerschaft Alfeld auch am Ball und hat eine Drohne schon bestellt. Diese wird in Kürze den Mitgliedern der Jägerschaft bei Bedarf zur Verfügung gestellt. Ich freue mich jetzt schon tierisch darüber, dass sich innerhalb der Jägerschaft so gut unterstützt wird. In den letzten Tagen waren etwa die Jungjäger fast jeden Tag bei Absuchen im Einsatz“, ist Friedemann mit den Ergebnissen sehr zufrieden, wodurch zig Tiere gerettet wurden. Mit Hilfe der Drohne werden dann zukünftig im Bereich der Jägerschaft Alfeld noch mehr Tiere geschützt.
Foto1: Die Jäger suchen gewissenhaft die Wiesen vor der Ernte ab um so viele Tiere wie möglich in Sicherheit zu bringen
Foto2: Mucksmäuschenstill liegt ein Rehkitz geduckt in der Wiese versteckt
Foto3: Sven Friedemann bringt mit Hilfe von einem Korb das Rehkitz in Sicherheit
Foto4: Mit Hilfe von Gras und einem Korb soll das Rehkitz möglichst keinen Menschengeruch annehmen