Dudelsack-Klänge zum Gedenken im Osterwald

Deutsch-Britischer Freiluftgottesdienst zum 35. Todestag von Clive O’Hare / Hubschrauberabsturz mit bewegender Geschichte

Osterwald/Hildesheim (gök). Als Kinder begeisterten sich Jürgen Glomb aus Lauenstein und Thorsten Bartels aus Gronau wie viele andere Kinder für die zahlreichen Manöver, die in Zeiten des Kalten Krieges auch hier in der Region stattfanden. Daraus entwickelte sich die Leidenschaft zum Reenactment, wo die Teilnehmer jetzt im Alter die Historie der britischen Rheinarmee ins Auge genommen haben. Der Begriff des Reenactment kommt aus dem Englischen und bedeutet Wiederaufführung oder Nachstellung. Mit möglichst großer Genauigkeit werden konkrete geschichtliche Ereignisse dabei in möglichst authentischer Art und Weise inszeniert. In verschiedenen Gruppen leben die Teilnehmer ihre Leidenschaft aus und fahren vor allem mit alten britischen Landrover-Militärfahrzeugen gerne auch zu Treffen, wo man auch auf aktive oder ehemalige britische Militärangehörige trifft und sich austauscht.

Im Rahmen ihrer Leidenschaft haben Jürgen Glomb und Thorsten Bartels im Osterwald auch nach einer Absturzstelle gesucht, wo 1986 der britische Hubschrauberpilot Clive O’Hare ums Leben kam und sein Navigator nur mit viel Glück überlebte. Am 7. Oktober 1986 flog der 29jährige Brite O’Hare einen Aufklärungshubschrauber des britischen Militärs vom Typ „Gazelle“ bei einer Flugübung, die eigentlich wieder in Hildesheim enden sollte. Am Ende der Übung in Hildesheim fiel dann aber auf, dass einer der 16 Hubschrauber fehlte und sofort wurde eine große Suchaktion gestartet. Trotz des Einsatzes von 16 britischen und deutschen Hubschraubern sowie einer 300köpfigen Suchmannschaft aus Soldaten und Polizei wurde der verunglückte Hubschrauber erst 13 Stunden nach dem Unfall im Osterwald gefunden. Der Hubschrauber hatte im Tiefflug die Baumwipfel berührt, war ins Trudeln geraten und in eine Tannenschonung gestürzt, wo der Hubschrauber völlig zerfetzt wurde. Neben dem verstorbenen Piloten und dem Wrack fanden die Suchmannschaften den am Ende seiner Kräfte verletzten Beobachter, der gerade noch rechtzeitig durch Ärzte versorgt wurde.

Bereits im vergangenen Jahr hatten Glomb und Bartels die Absturzstelle nach langer Suche gefunden und pflegen zusammen mit der Gruppe des „363 Field Squadron“ und der weiteren Gruppe „Royal Engineer History Group“ die damals vom britischen Militär eingerichtete Gedenkstätte mitten im Osterwald. Joachim Stanke aus Osterwald hatte damals auch die Absturzstelle nach der Bergungsaktion aufgesucht und den Förster noch darauf aufmerksam gemacht, dass bei Waldarbeiten der Gedenkstein versehentlich umgestürzt sei. Dieser sei zwar wieder aufgestellt worden, aber laut dem 85jährigen Osterwalder nicht mehr an der eigentlichen Absturzstelle, sondern etwas weiter östlich in dem Waldstück an der jetzt auch aufgesuchten Stelle.

Über die Pflege der Gedenkstätte und den Austausch in britischen Veteranengruppen kam schließlich auch der Kontakt zu der Witwe des gestorbenen Piloten zustande. „Gerade die bewegende Geschichte hinter diesem Unglück hat uns mitgenommen und motiviert, uns um die Gedenkstätte zu kümmern. Die Umstände der dreizehnstündigen Suche nach der Absturzstelle, dem knappen Überleben des Navigators sowie der Info, dass die Witwe des Piloten damals schwanger war, ist einem schon nahe gegangen“, verrät Glomb im Gespräch. Die Mitglieder aus den britischen Veteranengruppen reagierten laut Glomb zunächst etwas ungläubig, dass sich gerade Deutsche um die britische Gedenkstätte kümmern. Für die Gruppe um Glomb und Bartels ist es aber auch ein Zeichen deutsch-britischer Freundschaft, da die Briten damals in Zeiten des Kalten Krieges ja auch die Deutschen unterstützt haben.

Mittlerweile hat sich die Geschichte in den sozialen Netzwerken bei den Briten auch herumgesprochen, weshalb die Deutschen überall bei Treffen wiedererkannt werden und man sich gerne mit ihnen austauscht. „Wir haben richtig tolles Feedback bekommen und freuen uns über den Zuspruch“, sind sich Glomb und Bartels einig. Thorsten Bartels bekam vor Kurzem sogar die Gelegenheit, für zwei Wochen an einem richtigen britischen Militärmanöver teilzunehmen, wodurch für ihn ein Traum wahr wurde.

Zum 35. Todestag wollten die deutschen Militärfreunde eine kleine Gedenkveranstaltung organisieren, wozu man auch den deutschen Verein „Royal British Legion Hannover Branch“ anschrieb, die sofort von der Idee begeistert waren und der Veranstaltung den feierlichen Rahmen verschafften. Der Verein organisierte zu der Idee einen Freiluftgottesdienst mit einem britischen Pastor im Osterwald und brachten sogar einen Dudelsack-Spieler mit, der mit der passenden Musik für die richtige Stimmung sorgte. Über 40 Personen – teilweise aus Paderborn, Fallingbostel oder Hannover angereist – nahmen schließlich an der Gedenkveranstaltung teil. Aufgrund der Corona-Bestimmungen verzichtete die Familie des Piloten zwar auf eine Reise nach Deutschland, doch ein ehemaliger Kollege war aber auch bei der Feier anwesend und gedachte an seinen verunglückten Kameraden von früher.

Mittlerweile hat sich das Engagement der deutschen Reenactment-Gruppe schon so weit herumgesprochen, dass bereits mehrere Briten diese angeschrieben und gefragt haben, ob sie weitere Gedenkstätten pflegen könnten. Zumindest bei einer Unglücksstelle in der Nähe von Detmold prüfen die Deutschen gerade, ob sie dies regelmäßig ehrenamtlich gewährleisten können.

Foto3418: Zahlreiche Briten und Deutsche wohnten der Trauerfeier bei

Foto3420: Fahnenträger und ein Pastor waren extra für die Trauerfeier im Osterwald angereist

Foto3441: An der Gedenkstätte wurde noch einmal kurz innegehalten

Foto3444: In der Vergangenheit wurde die Gedenkstätte regelmäßig gesäubert

Foto3450: Mit Landrovern wurden auch ältere Personen zu dem Freiluftgottesdienst gebracht

Foto3456: In einem Freiluftcamp verbrachten die Deutschen und Briten dann gemeinsam noch einige besinnliche Momente