Regionaler und nachhaltiger geht nicht
Teichmühle Winzenburg seit 60 Jahren in Familienbesitz
Winzenburg/Freden (gök). Die Teichmühle zwischen Freden und Winzenburg gehört schon seit Jahrhunderten zur Geschichte der Gemeinde Freden. Bereits seit 1710 ist der Betrieb der Mühle am Winzenburger Bach schon nachgewiesen und wird in vielen geschichtlichen Unterlagen erwähnt. 1961 kaufte Konrad Heilmann die Mühle und betrieb sie dann als Familienbetrieb, wobei 30 Jahre später dann Clemens Heilmann die Mühle von seinem Vater 1991 übernahm.
Das Müllerhandwerk hatte Clemens Heilmann selber bei Peine gelernt und später auch die Deutsche Müllerschule in Braunschweig besucht und dort seinen Techniker für Mühlenbau, Getreide und Futtermitteltechnik erlangt. Mittlerweile ist der Beruf des Müllers als Verfahrenstechnologe in der Mühlen- und Futtermittelwirtschaft bekannt, der deutschlandweit sehr nachgefragt ist. „Wer jetzt diesen Beruf erlernt, kann sich später seinen Arbeitgeber aussuchen“, so Heilmann zum großen Fachkräftebedarf in seinem Beruf. Für ihn selber ist der Betrieb der Teichmühle in Winzenburg eine Herzensangelegenheit. Die Mühle betreibt er zusammen mit seiner Frau Sabine sowie einer Aushilfskraft. Nicht geklärt ist, ob und wie die Mühle irgendwann weiterbetrieben wird, wenn der jetzt 60jährige in den Ruhestand wechselt. Doch noch fühlt sich der Müller fit, was nach seiner Einschätzung auch an der körperlich fordernden Arbeit liegt.
So wird die Teichmühle anders als Industrie-Mühlen noch komplett analog mit älteren Maschinen ohne Computerunterstützung betrieben. Ein ausgeklügeltes System sorgt dafür, dass das Getreide über Rohre durch die Mühle und verschiedenen Maschinen geführt wird. In Nutzung sind dabei sogar noch Maschinen aus den dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts, die demnach seit mehr als 80 Jahren zuverlässig laufen. Bei den beiden Walzenstühlen etwa müssen als Verschleißteile lediglich die Walzen, Lager oder Zahnräder von Zeit zu Zeit durch Heilmann erneuert werden. „Bei guter Pflege läuft diese robuste Technik noch lange“, ist Heilmann immer noch von der damaligen Qualität der Maschinen begeistert. Nach dem Zweiten Weltkrieg verlagerte sich der Schwerpunkt der Industrie wieder in Lebensmittelbereich, weshalb in der Teichmühle sogar ein Walzenstuhl der Firma Zündapp zu finden ist, die sonst vor allem aus dem Bereich der Motorradindustrie bekannt ist.
Kleinere Mühlen in Privatbesitz wie die Teichmühle gibt es laut Heilmann nur noch sehr selten, wobei die Mehrzahl im Osten oder in Bayern angesiedelt sind. In Freden werden jedes Jahr etwa 500 Tonnen produziert, wobei ausschließlich regional gearbeitet wird. Das Getreide wird von Landwirten aus der Region angeliefert, die Heilmann alle persönlich kennt. Für sein Mehl hat Heilmann vor allem viele kleine Bäckereien und Pizzerien als Kunden, die das Mehl dann wieder verarbeiten. Auch Abfall kennt der Müller in seiner Mühle nicht, da selbst die aufgebrochenen Schalen vom Getreidekorn als Kleie später als Tierfutter genutzt werden. Durch die verschiedenen Mahlvorgänge entstehen mehrere Mehltypen, die dann durch Heilmann zu verschiedenen Mehlen zusammengemischt werden. Das Mehl wird mit Masse dann in 25 Kilogramm-Säcke abgefüllt und im Lager zwischengelagert, ehe es per LKW zum Endkunden gebracht wird. Immer gefragter sind bei Clemens Heilmann aber auch die sogenannten Demeter-Produkte. Den Demeter e.V. gibt es bereits seit 1924, womit er damit nach eigener Aussage der älteste Bio-Verband Deutschlands ist. Die Vorgaben für die Demeter-Landwirte, die auch die Teichmühle beliefern, sind deutlich strenger als die EU-Öko-Verordnung. Damit man Demeter-Produkte herstellen kann, benötigt man auch ein Demeter-Zertifikat, welches auch die Teichmühle schon seit längerer Zeit hat. Dadurch hat die Teichmühle auch viele weitere Endkunden gewonnen, die teilweise für die Produkte aus der Region Hannover oder Südniedersachsen nach Freden anreisen. Angeboten werden in dem Teichmühlen-Hofladen neben den verschiedenen Mehl- und Getreideprodukten auch Futtermittel für viele verschiedene Tiere vom Vogel, über das Huhn und den Hund bis zum Pferd. Angeboten werden aber auch zugekaufte Waren aus einer anderen Mühle, an welche Heilmann als Kreislauf wiederum Mehl verkauft. So bekommen die Kunden in dem Hofladen auch Produkte wie Trockenhefe, Brotgewürz, Müsli oder Dinkel-Produkte.
Die Mühle selber läuft an jedem Werktag in der Woche von 6 bis 18 Uhr, um die Nachfrage auch stillen zu können. Stolz ist Heilmann darauf, dass die Teichmühle mittlerweile den Titel als Immaterielles Kulturerbe verliehen bekommen hat. Als eine der wenigen verbliebenen Mühlen in Deutschland kann die Teichmühle nicht nur mit Strom, sondern auch mit Wasserkraft über zahlreiche Riemen betrieben werden. Nach Antrag bei der Müller-Gilde in Bardowick bei Lüneburg wurde in Übereinstimmung mit der UNESCO-Konvention die Teichmühle in die „Handwerksmüllerei in Wind- und Wassermühlen“ im Dezember 2018 in das bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen.
Foto5479+5481: Das Mehl wird mit Masse in 25Kg-Säcke verpackt
Foto5482: Clemens Heilmann im Hofladen
Foto5489: Die Teichmühle ist Immaterielles Kulturerbe
Foto5492+5295: Die Walzenstühle verrichten seit Jahrzehnten zuverlässig ihre Arbeit
Foto5499: Ein Walzenstuhl wurde von der Firma Zündapp hergestellt
Foto5502: Ein ausgeklügeltes Rohrsystem befördert die Getreidekörner durch die Mühle
Foto5519+5521: Die Teichmühle zwischen Freden und Winzenburg
Foto5507: Im Plansichter werden die Kornbestandteile getrennt