Bahnausbau nur für Güterverkehr?
Lärmschutz muss oberste Priorität haben / Wohngebiete betroffen
Benstorf/Mehle (gök). Für Torsten Köhler (Aktive Bürger) ist die ganze Entwicklung eine große Enttäuschung. In der Sitzung des Benstorfer Ortsrates berichtete das Ratsmitglied von den Entwicklungen zum beabsichtigten Bahnausbau zwischen Elze und Hameln. Ohne Auszuweichen hatte ihm Julian Waschkies von der DB Netz AG Hannover bei einem Treffen im November erklärt, dass der Ausbau der Bahnstrecke Elze nach Hameln nur zur Förderung des Güterverkehrs erfolgt. Die Strecke soll als Ausweichstrecke für die Hauptachse zwischen Hannover und Bielefeld dienen und diese entlasten. „Der öffentliche Personennahverkehr wird davon nichts haben und die Menschen hier nicht profitieren. Ganz im Gegenteil, die ganze Region wird durch große Lärmemissionen noch deutlich stärker als bisher belastet“, warnt Köhler.
Die Bahn plant nach Aussage von Köhler lediglich die rechtlich vorgeschriebenen Lärmschutzeinrichtungen. Besonders an Bahnübergängen oder Brücken ist dieser Lärmschutz aber kaum gegeben, so dass in Benstorf die Menschen mit drei solchen Einrichtungen besonders in Mitleidenschaft gezogen werden. Das ist laut Köhler aber noch nicht alles an schlechten Nachrichten. So soll nach neuesten Planungen ein Kreuzungsbahnhof entstehen, der mit langen Brems- und Anfahrwegen noch eine größere Lärmbelästigung darstellen würde. Mit zwei neuen Kreuzungsbahnhöfen werden wesentlich höhere Kapazitäten für die an sich eingleisige Strecke geschaffen, da sich dort Züge passieren können. Eine Elektrifizierung soll zudem gewährleisten, dass moderne Güterzüge auf der Strecke fahren können. Während der eine Kreuzungsbahnhof wenige Kilometer vor Hameln ohne Wohnbebauung in der Nähe nur sehr wenig Ärger auf sich zieht, sieht das bei Benstorf und vor allem Mehle schon anders aus. Der Kreuzungsbahnhof soll hinter dem Mehler Bahnübergang bei dem ehemaligen Gasthaus „Tante Else“ in westlicher Richtung beginnen und auf 1,2 Kilometern Begegnungsverkehr erlauben. Dieser Kreuzungsbahnhof würde dann auch nur wenige hundert Meter von Mehler Wohngebiet entfernt liegen, wo derzeit auch ein Neubaugebiet bebaut wird. Auf der anderen Seite liegt der Benstorfer Ortsteil Quanthof, der genauso durch den Kreuzungsbahnhof belastet werden würde.
Derzeit befindet sich das Projekt laut Köhler noch in der Vorplanungsphase, wobei dort auch mit Verzögerungen zu rechnen ist. Auf die Ausschreibung für die Vermessung gab es nach Info von Köhler keinen Bewerber, was den Zeitplan wohl verschiebt. „Aus Sicht der Bahn ist das überhaupt kein Ausbau für den ÖPNV und nur als Entlastung des Güterverkehrs gedacht“, ist Köhler von den Entwicklungen enttäuscht. In der derzeitigen Planung wird zwar erst mit einer Umsetzung zwischen 2030 und 2035 gerechnet, doch nach Meinung von Köhler müssen jetzt die Forderungen nach mehr Lärmschutz forciert werden. „Wenn diese Forderungen zu spät kommen, wird das später kaum noch berücksichtigt“, befürchtet Köhler. Köhler vermutet auch, dass viele Anwohner von dieser Entwicklung noch gar nichts wissen. „Anwohner mit Bedenken sollten sich jetzt in der Planungsphase bei der Bahn melden und sich dort um Lärmschutz bemühen. Später wird es sonst wahrscheinlich zu spät sein“, appellierte Köhler im Ortsrat. Betrübt ist er darüber, dass die Bahnstrecke auch im Hannoveraner Verkehrswegekonzept 2035 keine Berücksichtigung findet. Der S-Bahn-Verkehr Richtung Hameln oder die Nord-Süd-Strecke Richtung Göttingen sollen zwar gestärkt werden, aber von der Strecke Elze-Hameln ist keine Rede. Dabei könnte mit einem starken ÖPNV-Angebot auch dort der Autoverkehr reduziert werden. „In der Region Hannover werden wir leider überhaupt nicht wahrgenommen, weshalb wir jetzt selber zumindest dem Lärmschutz Augen und Ohren offenhalten müssen. Wir werden den Streckenausbau und die Elektrifizierung nicht verhindern. Aber beim Lärmschutz muss man sich jetzt melden, sonst kann man komplett hinten runterfallen“, so Köhler.
Foto4770: Am Bahnübergang in Mehle würden Züge kurz vor dem Kreuzungsbahnhof dann bremsen
Foto4773+4774+4775: Als alten Zeiten gibt es in Höhe des geplanten Kreuzungsbahnhofes noch eine Weiche
Foto4776: In Benstorf gibt es zwischen Bahndamm und Wohnbebauung keinen Lärmschutz