Bahnanschluss für Salzhemmendorf?

Reaktivierung der Bahnstrecke könnte für Entlastung sorgen

Salzhemmendorf (gök). Eine solche E-Mail am 1. April hätten manche vielleicht für einen Aprilscherz gehalten. Doch kurz vor den Sommerferien informierte der heimische Landtagsabgeordnete Ulrich Watermann (SPD) die Salzhemmendorfer Gemeindeverwaltung und auch SPD-Fraktionschef Karl-Heinz Grießner (SPD) über Planungen zur Reaktivierung alter Bahnstrecken wie etwa zwischen Salzhemmendorf und Voldagsen.

Auch wenn es aus dem Gedächtnis vieler Menschen mittlerweile verschwunden ist, Salzhemmendorf hat immer noch einen Bahnanschluss. Bis Mitte der sechziger Jahre herrschte ein intensiver Personennahverkehr mit Dampfloks sowie Güterverkehr für das Kalkwerk in Salzhemmendorf, die Thüster oder die Duinger Betriebe. Nach einigen Diskussionen und der ersten Idee 1873 im Preußischen Abgeordnetenhaus wurde 1895 schließlich der Firma Vering & Waechter die Konzession für den Betrieb einer Kleinbahn von Voldagsen nach Duingen erteilt. Der erste Streckenabschnitt von Voldagsen bis Salzhemmendorf wurde innerhalb von neun Monaten gebaut und der weitere Abschnitt bis Duingen in einem weiteren Jahr. 1899 wurde schließlich der Vertrag mit der Firma geschlossen, den Bau bis Delligsen abzuschließen. Dieser dauerte dann etwa anderthalb Jahre bis März 1901, so dass ab 1. Juli 1901 regelmäßiger Wagenladungsverkehr bis Hohenbüchen und ab 11. August der Gesamtverkehr bis Delligsen rollte. Eine weitere Verlängerung der Strecke bis Wispenstein mit einem Übergabebahnhof an die Bahnstrecke Hannover-Göttingen wurde aufgrund des hohen finanziellen Aufwandes nicht umgesetzt. Durch den fehlenden Anschluss hinter Delligsen verlor die Strecke ab den fünfziger Jahren aber immer mehr an Bedeutung im Güterverkehr.

Von der langen Geschichte des Gütertransportes zeugen immer noch einige Überbleibsel. So entstand etwa in Lauenstein 1957 eine Hochrampe, die durch die Landwirtschaft genutzt wurde und immer noch vorhanden ist. Im Personenverkehr verkehrten 1956 an Werktagen noch acht Zugpaare zwischen Voldagsen und Duingen. Der Personenverkehr zwischen Duingen und Delligsen war bedeutungslos und wurde 1963 eingestellt. Im Juni 1966 versetzte die Schließung der Thüster Brikettfabrik Humboldt auch der Bahn den Todesstoß. Trotz zahlreicher Proteste – vor allem von den Dolomitwerken sowie von der Gronauer Rübenzuckerfabrik – wurde dem Stilllegungsantrag mit Wirkung vom 27. Mai 1967 entsprochen. Am 8. März 1967 gab es aufgrund dreier verfaulter Bahnschwellen sogar einen Bahnbetriebsunfall, der allerdings glimpflich ausging. Friedhelm Roloff aus Wallensen war damals in dem Zug auf dem Weg zur Schule und erinnert sich noch genau an den Tag. „Der letzte Personenwagen entgleiste und kippte schließlich um. Wir hatten uns zwar sehr erschrocken, es war aber keinem etwas passiert und wir amüsierten uns sogar darüber. Die Schüler der Mittelpunktschule hatten dann frei bekommen und konnten nach Hause“, erinnert sich Roloff. Nachdem die Strecke schließlich nicht mehr betrieben wurde, wurde bis auf ganz wenige Museumsfahrten danach nur der Abschnitt Voldagsen bis Salzhemmendorf genutzt, wo Güterzüge Fracht vom Werk der Firma Rheinkalk beförderten.

Vor vielen Jahren wurde die Strecke zwischen Salzhemmendorf und Duingen dann komplett stillgelegt und von den Gemeinden Salzhemmendorf und Duingen übernommen. 2014 wurde auch der Radwanderweg auf der ehemaligen Bahnstrecke von Weenzen nach Thüste eingeweiht, der sich großer Beliebtheit erfreut.

Zwischen 2013 und 2015 gab es schon einmal eine Reaktivierungsuntersuchung. Damals wurde der Streckenteil von Duingen nach Voldagsen betrachtet. Eine Reaktivierung war aber unrealistisch, da die Schienen zum Teil schon entfernt waren und auch der Radwanderweg im Bau war.

Im Koalitionsvertrag im Land ist jetzt aber vermerkt, dass der ÖPNV verbessert werden soll, wozu auch alte Bahnstrecken reaktiviert werden sollen. „Hiermit beschäftigt sich eine Auswahlkommission, die nun auch Ideen aus den betroffenen Kommunen einfordert“, erklärt Grießner. In einer ersten Stufe waren 17 alte Bahnstrecken bereits aus der Bewertung herausgefallen, doch die Strecke Salzhemmendorf – Voldagsen ist immer noch im Blickfeld der Kommission. „Die Strecke wurde bisher durch die Firma Lhoist gepflegt, weshalb der Schritt vom Güterverkehr zum ÖPNV vielleicht nicht so schwer ist“, vermutet Grießner. Er persönlich hat Watermann bereits geantwortet, dass die Idee genauer betrachtet werden sollte. Der Bahnanschluss könnte auch mit Blick auf das geplante Gewerbegebiet in Nachbarschaft an das zur Zeit ruhende Salzhemmendorfer Kalkwerk von Lhoist für Salzhemmendorf und die umliegenden Orte laut Grießner sehr interessant sein. Ein anliegender „Park & Ride-Parkplatz“ würde für Grießner auch dazu passen. „Aus dem Bereich Lauenstein etwa war in den letzten Jahren sehr oft Bedauern über die Verlegung des Voldagsener Bahnhofes zu hören“, so Grießner.

Kommunal hat Grießner bisher noch keine Diskussionen zu dem Thema wahrgenommen und will es daher persönlich zumindest als Diskussion in die Fachausschüsse bringen. Für Grießner steht fest, dass ein Bahnanschluss für Salzhemmendorf auf jeden Fall eine Attraktivitätssteigerung wäre. Im Herbst will die Kommission aber weitere Entscheidungen treffen, weshalb in der politischen Diskussion auch Eile geboten wäre. Dann wird auch die Kostenseite vom Land bewertet und die Landesverkehrsgesellschaft gegebenenfalls mit einbezogen. Vielleicht werden dann in der Zukunft rund 60 Jahre nach dem letzten Personenzug wieder Menschen auf der Bahnstrecke Salzhemmendorf – Hameln fahren.

 

Foto: Wird der Bahnhof in Salzhemmendorf wiederbelebt?