Showdown Anfang Oktober im Gemeinderat
Werden Salzhemmendorfer Ortschaftsgrenzen geändert?
Salzhemmendorf (gök). Das Thema schwelt seit einigen Jahren schon in der Salzhemmendorfer Gemeindepolitik. Viele Einwohner des Oldendorfer Wohngebietes Süd-Rischkamp und des Hemmendorfer Wohngebietes Hemmendorf-Heide fühlen sich eher als Osterwalder. „Zugegeben werde ich als Ortsbürgermeisterin von Hemmendorf bei meinen Besuchen in der Heide auch immer wieder darauf angesprochen, wann Hemmendorf-Heide denn nach Osterwald wechseln kann. Von den dortigen Einwohnern bringt sich keiner in den Hemmendorfer Vereinen ein, die sind alle nach Osterwald ausgerichtet“, gibt auch Petra Haehnel (SPD) im Gespräch nach der Sitzung des Ortsrates Hemmendorf zu. In der dortigen Sitzung wurde zuletzt zu dem Thema angeregt diskutiert, wo Haehnel aber als einziges Ortsratsmitglied einer Abspaltung von Hemmendorf-Heide wenn auch schweren Herzens wohlgesonnen war. Die anderen beiden Ortsratsmitglieder tendierten eher zu einem Verbleib der Siedlung, da sonst Hemmendorf nach ihrer Meinung als dann nur noch sehr kleine Ortschaft an Bedeutung verliert. Ende Januar diesen Jahres hatte Hemmendorf bei der letzten Erhebung der Gemeinde 729 Einwohner und würde durch die Abspaltung dann nur noch bei 594 Einwohnern liegen, wodurch man auch rund 270 Euro an jährlichen Ortsratsmitteln verlieren würde. Hitzig wurde es nur einmal in der Hemmendorfer Sitzung bei einem verbalen Ausrutscher, als Haehnel auch zur Ordnung rufen musste. Ein ehemaliger Ortsbürgermeister von Hemmendorf verglich den Wechsel nach Osterwald mit der Annexion ukrainischer Gebiete durch Russland.
Geringer würden die Verluste für Oldendorf ausfallen, wenn der südliche Teil des Rischkamp nach Osterwald wechseln würde. Der nördliche Teil gehört aufgrund der Anfang der siebziger Jahre beschriebenen Ortschaftsgrenzen bereits nach Osterwald. Laut der Gemeindeverwaltung würde Oldendorf von 1389 auf 1304 Einwohner sinken und dadurch auch nur 170 Euro jährliche Ortsratsmittel verlieren. Im Oldendorfer Ortsrat sah die Meinungsbildung jetzt anders aus als in Hemmendorf. Lediglich ein Ortsratsmitglied stimmte gegen den Wechsel des Rischkamps nach Osterwald, während sich andere bis auf eine Enthaltung für den Wechsel aussprachen. Allerdings warnte Ortsratsmitglied Gunnar Funke (CDU) davor, dass sich Gräben zwischen den beiden Orten bilden könnten. Für die Zukunft können sich die Ortsratsmitglieder auch eine Zusammenarbeit mit den Ortsräten in Osterwald und Benstorf vorstellen.
Die Gemeindeverwaltung hatte für die entscheidende Gemeinderatssitzung am 5. Oktober 2023 um 19 Uhr in der Lauensteiner Mehrzweckhalle bereits eine Vorlage erstellt, die vor Kurzem auch noch um die Entscheidung von Hemmendorf-Heide erweitert wurde. Ursprünglich war in der Vorlage nach einem Antrag der Mehrheitsgruppe aus SPD, Grünen und der FDP nur der Wechsel des Süd-Rischkamps Thema.
2022 fand eine Unterschriftenaktion in den betroffenen Gebieten statt, die vom Vorgehen aber von der Gemeindeverwaltung kritisiert wurde. In dieser konnte man sich nur für einen Wechsel der Gebiete nach Osterwald mit einer Unterschrift aussprechen oder nicht daran teilnehmen. Daher sieht die Gemeindeverwaltung diese Unterschriftenaktion in der Repräsentativität als fragwürdig an. Die Gemeindeverwaltung sieht einen Wechsel zudem mit Blick auf die Schaffung eines Präzedenzfalles als kritisch an. Aus Sicht der Verwaltung könnte in der Folge auch über weitere Gebiete beraten werden und diese in die Diskussion kommen. „Sollten Ortschaftsgrenzen zudem in Zukunft generell an der neuen Bebauung ausgerichtet werden, ist zu befürchten, das ganze Ortsteile verschwinden, da sie mit anderen verwachsen“, ist in der Vorlage zu lesen. Die Gemeindeverwaltung rechnet zudem auch mit weiteren Kosten, die für die Berichtigung diverser öffentlicher Bücher wie Grundbuch, Kirchenbücher, Realverbände und anderer entstehen würden.
Für die Befürworter des Wechsels um die Anwohner Andreas Hartnack im Süd-Rischkamp und Marc Bruns in Hemmendorf-Heide ist die Gemeindevorlage nicht ganz nachzuvollziehen, was Anwohner des Rischkamps in einem Brief an die Verwaltung und Ratsmitglieder öffentlich machten. Anders als von der Gemeindeverwaltung beschrieben sieht Hartnack die örtliche Gemeinschaft klar nach Osterwald ausgerichtet. Die beschriebenen Beziehungen der Wohngebietsbewohner beim Kindergarten oder der Feuerwehr nach Oldendorf sieht er darin begründet, dass beide Einrichtungen in Oldendorf angesiedelt sind und keine andere Wahl besteht. Die Unterschriftenaktion sollte nach Meinung von Hartnack auch nur ein klares Meinungsbild abgeben. Eine unabhängige Erhebung kann die Initiative nach Meinung von Hartnack auch nicht leisten. Per Unterschrift haben im Süd-Rischkamp 86,9 Prozent der Einwohner ab 16 Jahren einen Wechsel nach Osterwald befürwortet. Nicht ganz so klar war die Entscheidung im Bereich von Hemmendorf-Heide. Hier sprachen sich von 129 befragten Einwohnern ab 16 Jahren 71 (56,6 Prozent) für den Wechsel nach Osterwald aus, während 56 Einwohner nicht teilnahmen. Der Osterwalder Ortsrat hatte bereits in einer früheren Sitzung sich für die Aufnahme der Wechselkandidaten ausgesprochen und sprach sich jetzt auch in der aktuellen Sitzung einstimmig dafür aus.
Über eine Änderung der Ortschaftsgrenzen muss nun der Gemeinderat am 5. Oktober in Lauenstein entscheiden. Karl-Heinz Grießner (SPD) hat im Vorfeld schon angekündigt, dass ein Antrag auf geheime Abstimmung erfolgen wird. Für eine Änderung der Ortschaftsgrenzen ist aber eine Zwei-Drittel-Mehrheit laut dem vor fünfzig Jahren abgeschlossenen Gebietsänderungsvertrag notwendig. „Die Abstimmung wird frei erfolgen, jeder kann da nach seinem Gewissen entscheiden. Wir befürchten aber, dass es bei einer öffentlichen Abstimmung Anfeindungen gegenüber manchen Ratsmitgliedern aufgrund der Emotionalität des Themas geben würde“, so Grießner auf Nachfrage.
Foto7139: Am Rand des Osterwaldes liegt derzeit noch Hemmendorf-Heide – zukünftig Osterwald-Heide?
Foto7143: Mitten durch das Wohngebiet Rischkamp verläuft die Grenze zwischen Osterwald und Oldendorf