31Feldpost als Anker in schweren Zeiten

Lesung in Rott sorgt für historische Einblicke

Rott (gök). Kurz vor dem Volkstrauertag hatte Günter Jahns mit Unterstützung des Heimatvereins Külftal eine besondere Veranstaltung auf die Beine gestellt. Mit rund 20 Teilnehmern waren in der Kapelle Rott zwar weniger Besucher als erhofft erschienen, doch diese wurden mit einer eindrucksvollen Lesung durch die Jahrhunderte reichlich für ihr Kommen belohnt. Die Lesung zum Thema „Krieg und Briefe“ wurde passend zum Volkstrauertag am gleichen Wochenende organisiert und dadurch auch viele Scheine für die Kriegsgräberfürsorge gesammelt.

Insgesamt zwölf Briefe wurden vorgetragen, die auch verschiedene Epochen beinhalteten. Der älteste Brief handelte über die napoleonischen Kriege mit dem Russlandfeldzug von 1812. Als Duinger Archivar im Flecken- und Ortsarchiv hatte Jahns dazu auch im Pfarrarchiv ermittelt, dass zwei junge Duinger damals mit 25 und 21 Jahren gestorben waren und 1817 im Kirchenbuch nachgetragen wurden. Auch auf dem Duinger Gefallenen-Ehrenmal sind die beiden Namen erfasst. „Ich habe die Briefe nicht zielgerecht gesammelt, sondern alle Briefe waren zufällige Fundstücke. Sie stehen auch nicht in Zusammenhang, auch wenn überall das Thema Krieg Berücksichtigung findet“, so Jahns in seiner Moderation. Die Lesung war laut Jahns nur ein Versuch der Annäherung an das Thema der Feldpostbriefe, die in früheren Zeiten eine besondere Bedeutung hatten.

In Zeiten, wo es die digitale Kommunikation noch nicht gab, waren Briefe das einzige Kommunikationsmittel zur Familie nach Hause. Im Krieg 1870/71 kümmerten sich etwa 960 Postbeamte um den organisierten Transport von 100 Millionen Briefen und Karten. Später im ersten Weltkrieg waren es dann schon 8 000 Postbeamte, die sich um den Versand von sogar 29 Milliarden Einheiten kümmerten. „Die Heimatbriefe an die Front war auch der Regierung damals sehr wichtig, wobei der Staat aber kein Interesse an sogenannten Jammerbriefen hatte“, erklärte Jahns den Anwesenden. Auf die vorhandene Zensur wurde bei dieser Veranstaltung aber bewusst nicht eingegangen, da das wohl ein abendfüllendes Thema wäre.

Besonders inhaltsreich war ein Brief der Witwe Grupe aus den USA nach Duingen, die Jahre vorher dahin ausgewandert war. Birgit Hagen gab der Witwe vom Heimatverein dann eine Stimme. Der Brief wurde vermutlich als Sterbebescheinigung in Duingen aufgehoben, da dem Mann der Witwe Geld aus der vorher in Duingen gegründeten Beerdigungskasse zustand. Für die Einzahlung von sechs Reichstalern gab es im Todesfall dann zehn Reichstaler zurück. Der Brief brachte den Zuhörern auf bemerkenswerte Weise einen Einblick in das Leben einer Auswandererfamilie während des amerikanischen Bürgerkrieges vor über 150 Jahren. Die Witwe befürchtete damals den Einzug ihrer Söhne in den Bürgerkrieg, wo dann später wirklich einer in Gettysburg sein Leben verlor.

Eine Besonderheit waren auch Himmelsbriefe in der Feldpost, die oft Gebete beinhalteten und eine Abschrift von einem Gottesbrief waren. Mark Hollstein durfte einen mit Duinger Bezug in Rott vorlesen. Sie wurden oft als Amulett am Körper der Soldaten getragen und sollten vor dem Tod schützen. Bis in den zweiten Weltkrieg hinein waren sie weit verbreitet und verloren erst danach an Bedeutung.

Verlesen wurde von Friedhelm Ende auch der Rundbrief vom damaligen Duinger Pastor Eggers an die heimischen Soldaten an der Front. Mindestens einer antwortete damals auch auf den Brief mit einer Postkarte, bevor er wenige Wochen später im Krieg fiel. Auch der Pastor selber kam später in russischer Kriegsgefangenschaft ums Leben. Jahns las selber auch noch zwei Briefe aus seiner eigenen Familiengeschichte vor. Im ersten Weltkrieg las er aus einem Brief seines Großvaters vor, der etwa ein katholisches Dorf in Russland beschrieb und die Kirche von Kosaken verwüstet wurde. Sichtlich bewegt war er auch beim Vorlesen eines Briefes von seinem Vater aus der Kriegsgefangenschaft an seine Mutter.

Bewegend war es aber auch in vielen anderen Momenten. Den Wahnsinn des Krieges zeigte auch der Brief eines Pastors an die Duinger Familie Steins. Deren 16jähriger Sohn Gottfried Steins starb in den letzten Kriegstagen einen sinnlosen Tod, was Christian Steins als Mitglied der Familie vorlas. Martin Gründel durfte einen Brief vorlesen, der bei einem Piloten in der Uniformjacke gefunden wurde. Den Brief von seiner Frau hatte der Pilot dabei, als er bei Duingen im Papenkamp abstürzte. Sein Flugzeug wurde erst 1973 ausgegraben, wo der gut erhaltene Brief noch in der Lederjacke des hinter dem Steuer sitzenden Piloten knapp 30 Jahre später erhalten war. Beim Absturz wurde laut Gründel erst an der falschen Stelle gesucht und später dann das Wrack in einem Bachbett gefunden.

„Das war wirklich eine schöne Veranstaltung, was ein toller Weg durch die Geschichte war. Durch den Bezug zu Duingen war es zudem sehr interessant“, befand schließlich auch Martin Gründel wie einige andere Teilnehmer nach der Veranstaltung.

Foto0710: Günter Jahns und Ursula Senne vom Heimatverein begrüßen die Teilnehmer

Foto0713: Birgit Hagen bei der Lesung

Foto0715: Mit 20 Teilnehmern war die Lesung nicht so gut wie gewünscht