ID-Judoka in Alfeld aktiv

Inklusion und Selbstständigkeit durch den Judosport

Alfeld (gök). Judo ist nicht nur ein Sport – es ist ein Weg, um soziale Fähigkeiten zu entwickeln, das Selbstbewusstsein zu stärken und die Selbstständigkeit zu fördern. Für Menschen mit geistiger Beeinträchtigung bietet ID-Judo, eine spezielle Form des Judosports, diese wertvollen Chancen. Seit vielen Jahren setzt sich auch die SV Alfeld aktiv für die Förderung von ID-Judo in Niedersachsen ein – ein Engagement, das von der Judoabteilung der SV Alfeld unter der Leitung von Peter Glaß unterstützt wird.
ID-Judo ist eine Variante des Judosports für Menschen mit geistiger Behinderung. Judo für Geistig- und Lernbehinderte wird seit Beginn der 80er Jahre in Niedersachsen angeboten und ist als ID-Judo seit 2007 ein fester Bestandteil der Special Olympics. Der internationale Begriff „ID“ steht für „intellectual disability“, was die Zielgruppe dieses besonderen Judoangebots beschreibt. In Niedersachsen hat sich ID-Judo zu einer der größten und aktivsten Gruppen im bundesweiten Vergleich entwickelt. Insgesamt gibt es in Niedersachsen etwa 15 Vereine mit rund 100 ID-Judoka, die ID-Judo anbieten. Neben dem regelmäßigen Training an verschiedenen Orten sind auch jährliche Trainingslager geplant, bei denen sich Judoka aus ganz Niedersachsen weiterbilden und austauschen können. „Niedersachsen gehört mit seinem Angebot im ID-Judo bundesweit zu den führenden Regionen“, erklärt Rolf-Dieter Frey, einer der Initiatoren des ID-Judo in Niedersachsen. Frey war über 30 Jahre als Behindertensportreferent des Niedersächsischen Judo-Verbandes tätig und hat das ID-Judo gemeinsam mit Martin von den Benken maßgeblich aufgebaut. Mittlerweile hat Rolf-Dieter Frey sein Amt an seinen Sohn Martin Frey weitergegeben, der das Amt mit der gleichen Leidenschaft weiter betreibt.
ID-Judo hat sich als nahezu ideales Bewegungsangebot für Menschen mit geistiger Behinderung erwiesen. Beim Training lernen die Teilnehmer, ihre physischen und psychischen Fähigkeiten zu erkennen und zu schätzen. Das Raufen im Judo hilft nicht nur dabei, aggressives Verhalten abzubauen, sondern stärkt auch das Selbstbewusstsein. Außerdem fördert der Sport Teamgeist und soziale Kompetenzen wie Kooperationsbereitschaft, Rücksichtnahme und Durchhaltevermögen. In einem Sport, der auf Partnerarbeit basiert, ist es entscheidend, sich auf den anderen einzustellen und Verantwortung zu übernehmen. Im Judo geht es darum, Schritt für Schritt die soziale Isolation zu verlassen und mehr Eigenständigkeit zu gewinnen. Durch regelmäßiges Training und die Teilnahme an Wettkämpfen können sich die Teilnehmer nicht nur im Sport, sondern auch im täglichen Leben weiterentwickeln.

In Alfeld nahmen am Trainingslehrgang jetzt in der Sporthalle der Dohnser Schule knapp 20 Teilnehmer aus Niedersachsen teil. Dazu waren die Teilnehmer neben Alfeld aus Braunschweig, Broistedt, Hameln, Hannover oder Lüneburg angereist. Sonst sind oft auch Kämpfer aus Uelzen, Osnabrück, Westerstede oder Oldenburg dabei. Das Training in Alfeld unter der Leitung von den Landestrainern Svenja Liermann und Daniel Wissel konzentriert sich auf eine ausgewogene Mischung aus Stand- und Bodentechniken. „In der ersten Einheit liegt der Fokus auf Standtechniken und Wurftechniken, in der zweiten Einheit arbeiten wir verstärkt an Bodentechniken und Haltegriffen“, erklärt Martin von den Benken, ebenfalls ein bedeutender Akteur im Aufbau des ID-Judo in Niedersachsen. Damit werden die Judoka auf Wettkämpfe vorbereitet, bei denen sie ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen können.

Niedersachsenweit gibt es zahlreiche ID-Judo-Veranstaltungen, bei denen sich Judoka aus verschiedenen Städten messen. Das nächste große Turnier findet in Lüneburg statt, bei dem rund 70 bis 80 Kämpfer erwartet werden. In Alfeld waren beim Training auch zwei Teilnehmer dabei, die bereits auf Weltmeisterschaften gekämpft haben. Daneben finden auch inklusive Wettkämpfe statt, bei denen ID-Judoka mit anderen Judoka gegeneinander antreten – ein weiterer Schritt hin zu einer echten Inklusion im Sport.
Ein weiteres Highlight im ID-Judo sind die speziell konzipierten Gürtelprüfungen. Hier gibt es zwei verschiedene Prüfungen, eine für stehfähige und eine für nicht-stehfähige Judoka. Das Ziel ist es, den Judoka zu zeigen, dass auch Menschen mit geistiger Behinderung den Weg bis zum schwarzen Gürtel gehen können – eine große Errungenschaft und ein Beweis für die Hingabe und den Trainingsfleiß der Teilnehmer.
Für die Zukunft wünschen sich die Verantwortlichen, dass noch mehr Menschen auf das Angebot des ID-Judo aufmerksam werden. „Der Judosport bietet so viele positive Aspekte für die persönliche Entwicklung, gerade für Menschen mit geistiger Behinderung“, so Frey. Alfeld bleibt dabei eine wichtige Anlaufstelle für ID-Judoka in Niedersachsen, die hier nicht nur ihre Technik, sondern auch ihr Selbstbewusstsein und ihre sozialen Kompetenzen auf- und ausbauen können. Judo ist für diese Athleten weit mehr als ein Sport – es ist ein Schritt in ein aktives und selbstbestimmtes Leben. Peter Glaß hofft, dass auch Judo beim SV Alfeld zukünftig noch mehr Aufschwung erhält. Interessierte Kämpfer können jeweils donnerstags am Trainingsabend in der Dohnser Halle um 18.30 Uhr gerne in das Angebot hineinschnuppern.

Foto6300+6323: In der Dohnser Sporthalle in Alfeld wurde intensiv Judo trainiert

Foto6320: Unter den aufmerksamen Augen von Trainer Daniel Wissel (links) werden die Judo-Techniken verfeinert