Das steht in keinem Geschichtsbuch
Weltkriegsaufzeichnungen zeigen beeindruckende Einblicke
Alfeld/Gronau (gök). Das Ende des Ersten Weltkrieges ist mittlerweile fast 100 Jahre her und vor zwei Jahren wurde vielerorts noch an den Beginn erinnert, wo dann Millionen von Menschen umkamen. Der Vater von dem heute 82jährigen Alfelder Hans-Karl Gröling hat selber sogar im ersten Weltkrieg gekämpft. Der 1891 geborene Karl Gröling meldete sich 1914 wie viele andere freiwillig zum Kriegsdienst und zog dann Ende 1914 in den Krieg. Doch schnell war der Enthusiasmus bei vielen Deutschen aufgrund der fürchterlichen Kriegserlebnisse verflogen, was auch bei Karl Gröling schnell einsetzte. Zunächst war Gröling als berittener Telefonist an der Ostfront im Russlandfeldzug in der Artillerie eingesetzt, ehe er später auch an der Westfront noch zum Einsatz kam. Hier beendete dann eine Verwundung seinen Kriegseinsatz.
Vorher erfuhr Gröling aber schon, wie schlimm ein Krieg sein kann. Auf der einen Seite fürchterliche Erlebnisse in der Schlacht und auf der anderen Seite Gängelei und unnötiger Drill sowie Schikane durch die eigenen Offiziere, ehe er selber später noch zum Offizier aufstieg. Nach dem ersten Weltkrieg legte er 1921 die große Staatsprüfung ab und promovierte zum Juristen in Göttingen. Nach kurzer kommissarischer Tätigkeit bei verschiedenen preußischen Gerichten ging er 1922 dann zur Finanzverwaltung über.
Während eines Klinikaufenthaltes Ende der zwanziger Jahre schrieb er seine Erfahrungen aus dem ersten Weltkrieg dann schließlich nieder. Der zweite Weltkrieg blieb Karl Gröling als Soldat dann erspart, da er dafür schon zu alt war. Der Posten als Vorsteher des Finanzamtes Celle blieb im 1939 verwehrt, da er sich weigerte, in die NSDAP einzutreten. Stattdessen wurde er nach Haldesleben als Chef des dortigen Finanzamtes strafversetzt. Unter größten Schwierigkeiten kehrte Gröling mit seiner Familie dann in den Nachkriegsjahren an seinen ursprünglichen Wohnort Celle zurück und wirkte noch als Vorsteher des Finanzamtes in Burgdorf. Vier Jahre nach Beginn seines Ruhestandes starb er schließlich 1960 in Celle.
Rund 55 Jahre später lernte sein Sohn Hans-Karl Gröling 2015 am letzten Tag der Ausstellung zum Ersten Weltkrieg im Museum Gronau Gabriele Kollibay kennen, die die Ausstellung dort zusammen mit anderen Ehrenamtlichen organisiert hatte. Sie zeigte sich gleich von den Aufzeichnungen sehr beeindruckt, wenn diese für die Ausstellung auch zu spät bekannt wurden. Doch Kollibay entwickelte zusammen mit Hans-Karl Gröling die Idee, die Aufzeichnungen als Buch zu veröffentlichen. „Die Zeilen in dem Buch haben mich sehr beeindruckt. Den Inhalt kann man in keinem Geschichtsbuch lesen“, so Kollibay. Die Tagebücher sind zwar in alter Handschrift geschrieben, doch die Frau von Karl Gröling hatte vor vielen Jahren die Bücher schon einmal abgeschrieben, weshalb die Digitalisierung jetzt auch kein Problem darstellte.
Zusammen mit Hans-Karl Gröling und seiner Frau Ingebjørg Tveite schrieb Kollibay auch das Vorwort für das Buch „Wir waren wie Figuren auf dem Schachbrett“, was vermutlich mit einer Auflage von zunächst 50 Stück im Eigenverlag aufgelegt wird. Die studierte Grafikdesignerin gestaltete zusammen mit ihrem Mann Michael Voges, der zahlreiche Fotos aus Grölings Kriegsalbum digital überarbeitete, das Buch samt Titelillustration. Es ist vorgesehen, dass das Buch im Mai erscheint und zunächst im Familienkreis und im Gronauer Museum käuflich erworben werden kann.
Foto1+2: Gabriele Kollibay, Hans-Karl Gröling, Ingebjørg Tveite und Michael Voges suchen die Fotos für das Buch aus
Foto6+3: Aus den Aufzeichnungen und privaten Fotos entsteht in den nächsten Wochen das Buch „Wir waren wie Figuren auf dem Schachbrett“