Willkommenskultur in Wallensen
Bildhauerworkshop könnte Institution werden
Wallensen (gök). Mohamad Mohamad war gleich mit Eifer bei der Sache. Zusammen mit Burkhard Bösterling schleppte er die großen Steine vom Auto auf die Rasenfläche am Haus an der Stadtmauer. Der Flüchtling arbeitet als 1-Euro-Jobber derzeit im Haus an der Stadtmauer in Wallensen beim Verein DorfKulTour und bringt sich gut ein. Burkhard Bösterling organisierte auf dem Gelände nun schon das dritte Mal einen Bildhauerworkshop, wo Menschen aus der Region teilweise das erste Mal selber einen Stein bearbeiten. Bösterling fragte schließlich Mohamad, ob er vielleicht auch mitmachen will. Schon nach kurzer Zeit war Bösterling erstaunt, was Mohamad aus dem Stein zum Vorschein brachte. „Die Verständigung ist schwierig, da er kein Deutsch und nur wenig Englisch spricht. Aber ich deute das vielleicht sogar als umgedrehte Willkommenskultur“, so Bösterling. Denn schnell zierten ein Friedenszeichen und ein christliches Kreuz den Stein von Mohamad.
Neben dem Flüchtling waren aber auch viele Menschen aus der ganzen Region in Wallensen an Steinen beschäftigt. Neben Teilnehmern aus den umliegenden Orten wie Wallensen, Salzhemmendorf, Thüste oder Fölziehausen waren aber sogar Menschen aus Hannover oder Goslar angereist. Ulrich Koch aus Goslar legte aus seinem Stein eine Figur frei, die Rückgrat und Arme zeigt. Der Goslarer übernachtete während des Workshops auch in Wallensen und verschaffte sich einen Überblick über den kleinen Ort. Erstmalig sammelte auch Elisabeth Bindewald aus Ockensen Erfahrungen als Bildhauerin. In der Vergangenheit hatte sie auch schon mit einer Kettensäge Holzfiguren geschnitzt. Nun konnte sie das erste Mal ihre Kreativität am Stein ausleben.
Die meisten Steinfiguren entwickelten sich in einem ständigen Prozess. Lediglich Helga Lehnhoff aus Fölziehausen hat vorher zumeist schon eine Figur im Kopf, die sie aus dem Stein hauen will. Vor fünf Jahren kam Lehnhoff über die Volkshochschule zum Bildhauen und ist seitdem regelmäßig aktiv. Dieses Mal bearbeitete sie aber einen vorhandenen Stein nur noch ein bißchen, da dieser aus ihrer Sicht schon eine natürlich schöne Form hatte.
Besonders schätzt Bösterling im Haus an der Stadtmauer die Willkommenskultur des Vereins. Die Bildhauer können sich in dem Garten bewusst breit machen und mit Hammer und Meißel die Steine fliegen lassen. „Viele andere Menschen oder Vereine würden sich gleich um ihren Rasen sorgen, wenn dort so viele Steine liegen. Hier sieht man das aber ganz entspannt, wir räumen dann ja auch alles wieder ordentlich weg“, so Bösterling. Für den Workshop benötigt er rund zwei Tage Vorbereitung. Neben dem Zusammentragen des Werkzeuges leiht sich Bösterling bei einem Bildhauerfreund aus Bodenburg noch mehrere Podeste, wo dann die Teilnehmer dran arbeiten können. Die Kalksandsteine wurde dieses Jahr wieder von der Firma Stichweh aus Thüste gespendet, die bereits bei den letzten Veranstaltungen unterstützt hatte. „Ich habe hier sehr viel Spaß“, gesteht Bösterling im Gespräch. Gerade bei diesen Wochenenden schätzt Bösterling auch immer den Umgang der Teilnehmer untereinander. Es wird sich immer Hilfestellung gegeben und es herrscht aus Sicht des Bildhauers eine tolle Atmosphäre.
Nach drei Tagen intensivem Klopfen sind in Wallensen einzigartige Kunstwerke entstanden, wo jeder Teilnehmer mit Stolz draufblickt. Teilweise das erste Mal mit Hammer und Meißel werkelnd, kamen einzigartige Unikate zum Vorschein. Bereits während des Workshops signalisierten einige Teilnehmer, dass sie auch an einer vierten Auflage in Wallensen Interesse haben.
Foto1: Zwölf Teilnehmer waren in Wallensen beim Bildhauerworkshop dabei
Foto3: Mohamad Mohamad brachte auf seinem Stein Friedenszeichen und christliches Kreuz zum Vorschein
Foto4.7: Burkhard Bösterling und Ulrich Koch diskutieren über die Form des Steins
Foto9,14: Elisabeth Bindewald übt sich das erst Mal beim Bildhauen
Foto17: Neben den Kalksandsteinen wurde auch ein Speckstein bearbeitet
Foto21,22: Helga Lehnhoff aus Fölziehausen arbeitete an einem großen Stein