Traum von eigener Galerie verwirklicht

Museumssommernacht am 17. Juni zusammen mit DorfKulTour

Thüste/Wallensen (gök). Öffentliches Leben ist in Thüste rückläufig. Neben der Schließung zahlreicher Geschäfte in den vergangenen Jahrzehnten oder Auflösung von Vereinen wie dem Schützenverein gibt es kaum positive Entwicklungen in dem kleinen Ort an der Saale. Doch Thüste hat nun vielen Orten etwas voraus. Tanja Flügel hat sich zusammen mit ihrem Ehemann Marcus Flügel jetzt einen Traum verwirklicht und ihre eigene Galerie in dem kleinen Ort eröffnet. Das Paar wohnt schon lange Jahre in Thüste und hat sich mit dem Projekt “Kleiner Thüster Laden” schon früher in die Thüster Dorfgemeinschaft eingebracht.

Tanja Flügel entdeckte 2011 ihren Spaß an Mosaik-Gestaltung und ist seitdem auch als Künstlerin aktiv. An zahlreichen Orten hat die gebürtige Wallenserin schon ausgestellt, wie etwa in dem Unesco-Welterbe Fagus-Werk Alfeld. Die Ausstellung hatte die Künstlerin intensiv vorbereitet und fand es dann einfach schade, dass die ausgestellten Werke wieder in ihrem Atelier verschwinden und für die Öffentlichkeit nicht mehr zugänglich wären. Ihr Mann ermutigte sie schließlich, den 2000 geschlossenen Einkaufsladen der Familie in Thüste umzubauen und dort eine Galerie zu eröffnen. Nach einiger Umbauzeit führte das Paar nun schon erste Gäste durch die Galerie, darunter auch schon die Bundestagsabgeordnete Gabriele Lösekrug-Möller und erntete positive Rückmeldungen.

Für ihre Kunstwerke nutzt Flügel die Scherben von altem Porzellan oder Glas, dass sie zumeist bei Flohmarkthändlern oder privaten Spendern bekommt. Aus Bruch etwas Neues zu schaffen, spiegelt sich auch in dem Galerie-Namen “CutADORE” wieder. “Meine Kunst entsteht aus Gegenständen, die andere wegschmeißen. Die Dinge wurden gekauft, weil sie nützlich waren oder schön. Sie wurden verschenkt, um Zuneigung auszudrücken oder Wertschätzung. Dann kamen Mode oder Tod des Besitzers, seltener echter Funktionsverlust durch Bruch, und sie wurden als „überflüssig“ definiert”, so Flügel. CutADORE-Mosaike von Tanja Flügel sind Werke aus dem Überfluss. Sie speichern mit ihren Scherben Elementarteilchen von Gefühlen und Erinnerungen. CutADORE-Mosaike laden laut der Künstlerin ein, diese Erinnerungen zu suchen.

Zumeist entwickeln sich ihre Ideen nach Spaziergängen durch den Ort oder die Region, wo die Natur auf sie wirkt. Bei der Skulptur “Tuisto” etwa hat sie sich von der Landschaft am Thüster Berg inspirieren lassen und diese auf einer Vase in einem Mosaik nach ihren Vorstellungen wiedergegeben. Ihre Werke bestehen aber nicht nur aus Porzellanscherben. Bei der Skulptur “Herbst im Stein” hat sie auch gesammelten Thüster Kalkstein mit eingebaut, wo sie mit Hilfe bunter Scherben Herbstfarben eingefangen hat.

Auch wenn die Kunstwerke von Tanja Flügel mit vielen unterschiedlichen Reizen nicht sparen, fällt bei vielen Besuchern immer wieder der Blick auf das glänzende “Mondscheinwesenfunkelkind”. Das Kunstwerk entstand allerdings erst nach “Himmelwärts”, da nach der Erstellung des Urnen-Kunstwerkes viele weiße Scherbenreste über waren und so neues Leben auf dem “Mondscheinwesenfunkelkind” entstehen ließen. Beim Schaffen ihrer Kunstwerke taucht Tanja Flügel regelmäßig in eine andere Welt ein und kann völlig abschalten. “Wenn ich morgens in das Atelier gehe und erst zum Mittagessen wieder rauskomme, ist das für mich ein sehr schöner Tag”, so Flügel. Hauptberuflich ist Flügel derzeit in der Software-Entwicklung tätig und beschäftigt sich mit Internet-Technologie und Datensicherheit im Netz. Ihre künstlerische Tätigkeit bildet zu ihrem Beruf daher auch einen passenden Ruhepol. Wenn die Thüsterin ihre Mosaike nicht auf bestehende Formen wie Vasen klebt, schafft sie zunächst mit Draht und Beton Formen, wo die Scherben auf dem Fliesenkleber ihren Platz finden. Der Fliesenkleber gibt ihr zudem immer genug Zeit, dass die Scherben ihre richtige Position finden. Während sich Porzellan-, Glas- oder Keramikscherben bei der künstlerischen Umsetzung bewährt haben, verliefen Versuche mit Christbaumkugelscherben nicht erfolgreich. “Beim Verfugen verlieren die Scherben hier mit Masse ihre Farbe”, erklärt Flügel. Ihre Galerie zieren mittlerweile auch Wandbilder, wo sich in der “Wertanlage” zum Beispiel auch die vielen Signaturen von den Keramikgegenständen wiederfinden.

In der Galerie hat aber nicht nur Tanja Flügel ihre Räume. Den hinteren Bereich nutzt auch Marcus Flügel für sein Fotoatelier, wo er Models oder auch Gegenstände mit dem Fotoapparat auf Papier bringt. So ergänzen sich beide Tätigkeiten oft, wenn Marcus Flügel zum Beispiel einen Kunstkatalog für seine Frau erstellt. Zumeist Fotos von seinen Reisen oder Besuchen an Orten wie der Zeche Zollverein hängt das Paar an den Wänden für die Galerie-Besucher auf.

Tanja und Marcus Flügel werden zusammen ihre Galerie in der Museums-Sommernacht 2017 am 17. Juni für die Öffentlichkeit öffnen. Für Aufsehen sorgte Tanja Flügel auch schon bei der Museums-Sommernacht 2016, als Besucher in Bad Pyrmont die Farben des Mosaikkunstwerkes mitbestimmen durften. Das jetzt fertige Kunstwerk wird dann in der diesjährigen Museums-Sommernacht in Bad Pyrmont wieder ausgestellt. Kunstinteressierte haben im Osten des Landkreises in Wallensen und Thüste während der Veranstaltung gleich zwei Anlaufpunkte, da Burkhard Bösterling auch im Garten des Hauses an der Stadtmauer in Wallensen ausstellen wird, wo der Verein DorfKulTour die Türen des Hauses öffnet. Zusammen mit Tanja Flügel wurde dort im Garten auch ein Lichtkonzept entworfen, welches die Kunst in ansprechendes Licht hüllen wird. Interessierte Besucher sind in beiden Orten sowie weiteren Museen des Landkreises ab jeweils 18 Uhr bis 24 Uhr herzlich willkommen.

 

Foto11: Bei diesem Kunstwerk verarbeitete Tanja Flügel auch Reste von Burkhard Bösterling

Foto12: Liebevoll wurden auch hier viele Scherben zu einem Mosaik-Kunstwerk zusammengefügt

Foto13: Auch Wandbilder sind in der Thüster Galerie zu finden

Foto14: Ein Blickfang ist das Mondscheinwesenfunkelkind

Foto15: Tanja und Marcus Flügel freuen sich schon auf die Museums-Sommernacht am 17. Juni

Foto16: In der Galerie haben viele Kunstwerke Platz