Salzhemmendorfer Landwirte freuen sich über weiteres Standbein

Flexibilisierung soll Stromschwankungen erneuerbarer Energien auffangen

Salzhemmendorf (gök). 2006 gab es nicht nur wegen der Fußball-Weltmeisterschaft eine Aufbruchstimmung in Deutschland. Im Flecken Salzhemmendorf entstanden zu jener Zeit gleich drei Biogasanlagen in Thüste, Oldendorf und Lauenstein. “Wenn am Anfang der Aufwand aber bekannt gewesen wäre, hätte einige vorher bestimmt der Mut zu so einem Schritt verloren”, so Horst-Friedrich Hölling aus Hemmendorf. Der Landwirt betreibt seit Dezember 2006 zusammen mit anderen Landwirten eine Biogasanlage in Oldendorf.

Nach viel politischer Überzeugungsarbeit zur Änderung der Bebauungspläne stürzten sich die Landwirte ohne Vorkenntnisse in einen neuen Wirtschaftszweig. Durch das besuchen von vielen Lehrgängen wurden Themen wie Störfallverordnung, Gewerbeaufsicht, Zertifizierung bei der Strombörse oder Dokumentation aufgegriffen und verinnerlicht. “Am Ende war es aber der richtige Schritt, da die Betriebe von uns jetzt breiter aufgestellt sind. Früher haben wir Getreide, Zuckerrüben und Schweine verkauft – jetzt sind halt noch Strom und Wärme hinzugekommen. Die Einkommensstruktur ist deutlich stabiler und sicherer geworden”, so Hölling zufrieden.

Die Oldendorfer Anlage ist die einzige Anlage im Flecken, die derzeit schon flexibel eingesetzt wird. Die entsprechende Technik dazu wurde dem Netzbetreiber zur Verfügung gestellt, der bei einer hohen Stromnachfrage die Motoren der Oldendorfer Anlage ferngesteuert hochfahren kann und so Belastungsspitzen abfängt. Dabei ist von den Betreibern eine Bandbreite der 1,2 MW-Anlage vorgegeben worden, in der der Netzbetreiber sich bewegen kann. Die Schwankungen der erneuerbaren Energien um Photovoltaik und Windanlagen können so besser ausgeglichen werden.

Was in Oldendorf bereits umgesetzt wurde, ist in Lauenstein und Thüste schon in der Planung. Moritz Ehle von der Biogasanlage am Rittergut Hofspiegelberg etwa hat zusammen mit seinem Partner jetzt auch schon einen Bauantrag für die 2011 eingeweihte Anlage und die Motoren gestellt. Die Motorleistung soll so von 0,8 MW auf 3,2 MW temporär erhöht werden. “Wir könnten dann theoretisch am Tag sechs Stunden Volllast fahren und den Rest des Tages die Anlage auslassen. So können wir den Strom an der Strombörse besser vermarkten und auf Spitzen reagieren”, so Ehle. Durch diese Flexibilisierung sind aber auch zusätzliche Behälter für Gasspeicherung sowie für Gärreste von Nöten, wobei die eingelieferte Silage aber gleich bleibt und keine zusätzlichen Transporte notwendig werden. Die Anlage am Hof Spiegelberg startete Ende 2011, nachdem es vorher doch einige Proteste gegeben hatte. Die Anwohner befürchteten vor allem Gestank, was aber derzeit überhaupt kein Thema mehr ist. “Ich habe mittlerweile zu vielen Kritikern von damals ein sehr gutes Verhältnis und versuche auch immer auf entsprechende Wünsche einzugehen”, so Ehle.

Ein gutes Verhältnis strebt auch Thorsten Block in Thüste zu seinen Nachbarn an. Der Landwirt aus der Nähe von Nienburg hat die Hofstelle von Karl-Heinz Lessat 2016 komplett erworben, was auch die dortige Biogasanlage beinhaltete. “Ich bin kein Großindustrieller und will mich schnell in den Ort einbringen. Wir beschäftigen uns auch mit den Ängsten und Nöten vor Ort und schätzen auch die Arbeit, die die Familie Lessat hier geleistet hat. So ist es etwa auch nur konsequent, dass wir für die Mutter des Vorbesitzers noch ihr zugesichertes Altenteil und Wohnrecht auf dem Hof übernommen haben und dieses gewährleisten”, so Block. Die 0,8 MW-Anlage in Thüste soll zukünftig auch flexibilisiert werden. Auch hier wurde ein Bauantrag gestellt, der die Motoren, eine Endlager- und Gashaubenvergrößerung beinhaltet. Block kann dabei auf die Erfahrung zurückgreifen, die er bereits mit seiner ersten Anlage in Schessinghausen bei Nienburg gesammelt hat.

Keine Änderungen sind dagegen auf der ersten Biogasanlage AgrarEnergie in Lauenstein geplant. Folkart Müller sieht dort zusammen mit den anderen Gesellschaftern derzeit bei einer Flexibilisierung noch nicht den gewünschten Ertrag. “Die große Euphorie von vor über zehn Jahren ist mittlerweile relativiert worden. Unter dem Thema erneuerbare Energien hat das Thema Biogasanlagen leider etwas gelitten, wobei die Einspeisevergütungen aber für uns planbar waren”, so Müller. Während in Oldendorf die Biogasanlage mit Logona und dem Komplex rund um die Grundschule schon viele Gebäude mit Wärme versorgt, führt von Lauenstein auch eine Leitung nach Salzhemmendorf. Dort werden die KGS-Gebäude inklusive Hallenbad und die Ith-Sole-Therme mit entsprechender Wärme versorgt, wodurch ein hoher Beitrag zur umweltfreundlichen Energieversorgung geleistet wird.

Fotos von:

  • Biogasanlage Oldendorf
  • Biogasanlage Agrar Energie in Lauenstein
  • Biogasanlage Hofspiegelberg in Lauenstein
  • Biogasanlage Thüste