Ohne Aktive geht es nicht

Droht im Leinebergland Pflicht- oder Berufsfeuerwehr?

Gronau/Duingen (gök). Unter den Funktionsträgern der Feuerwehr und auch in der Politik ist es bisher ein Thema, was nur hinter vorgehaltener Hand diskutiert wurde. Bei der Jahreshauptversammlung der Feuerwehr Coppengrave rieben sich einige Einwohner verwundert die Augen, als Ortsbrandmeister Andreas Ziegler die derzeitige Situation der dortigen Feuerwehr darstellte. „In Coppengrave waren es jetzt besondere Gründe, dass die Anzahl der aktiven Feuerwehrkameraden so gesunken ist. Gesundheitsprobleme, altersbedingtes Ausscheiden oder auch der Wegzug von drei Feuerwehrkameraden sorgen dafür, dass die Anzahl der Aktiven um ein Drittel gesunken ist und nur noch knapp über der Mindeststärke liegt“, so Samtgemeindebrandmeister Frank Kirchner im Gespräch. Coppengrave ist aus seiner Sicht aber nur ein Beispiel dafür, wie es derzeit um die Feuerwehren in der Samtgemeinde Leinebergland und in ganz Deutschland gestellt ist. In rund 23 000 Feuerwehren versehen in Deutschland über eine Million Menschen ihren Dienst. Die Zahl dieser sinkt aber schon seit Jahren jährlich um über 1000 Menschen, weshalb auch in Niedersachsen die Politik die Mindeststärke schon von 21 auf 18 Mitglieder vor einigen Jahren gesenkt hat.

In der Feuerwehr der Samtgemeinde Leinebergland sind die Mitgliederzahlen seit Jahren stabil. Derzeit üben nach aktueller Erfassung 656 Mitglieder in 17 Ortsfeuerwehren ihren Dienst aus, worunter 194 Atemgeräteträger zu finden sind. Auch bei der Jugendfeuerwehr steht man auf den ersten Blick gut da. Mit 58 Mitgliedern in sechs Kinderfeuerwehren und 187 Mitgliedern in den Jugendfeuerwehren hat man die größte Jugendfeuerwehr im Landkreis. Was auf den ersten Blick gut aussieht, beinhaltet aber trotzdem eine negative Entwicklung. „Die großen Feuerwehren werden größer und die kleinen Feuerwehren werden kleiner“, erklärt Kirchner. Gerade in den Zentren wie Gronau, Eime oder Duingen haben die dortigen Stützpunktfeuerwehren Zulauf, während andere kleinere Grundausstattungsfeuerwehren wie eben Coppengrave unter Mitgliederschwund leiden. Dieses Phänomen ist aber in ganz Deutschland zu beobachten. Besonders problematisch sind in diesem Fall Randfeuerwehren wie Coppengrave oder auch Deilmissen. Nach dem Niedersächsischen Brandschutzgesetz muss die Feuerwehr nach Alarmierung 15 Minuten später vor Ort sein. Das wird bei einer großen Samtgemeinde wie im Leinebergland an vielen Orten kaum zu schaffen sein, wenn keine Feuerwehr mehr vor Ort ist. Auch die Feuerwehr Deilmissen bewegt sich an der Mindeststärke und hat Probleme bei der Gewinnung von neuen Mitgliedern.

Die Gründe für den Rückgang der Stärken bei den kleineren Feuerwehren sind laut Kirchner vielfältig. Oft können sich zwar Jugendliche für die Feuerwehr begeistern und versehen da gerne ihren Dienst, doch mit der Berufsausbildung oder Studium verlassen die jungen Menschen dann oft die Orte. „In Deilmissen etwa würden einige junge Menschen gerne bleiben, doch gibt es da etwa kaum Baugrundstücke. Die kleinen Orte haben in den letzten Jahren oft viel Attraktivität verloren, was sich dann auch auf den Verbleib von jungen Menschen auswirkt“, schätzt Kirchner die Lage ein. In Feuerwehren wie Capellenhagen am äußersten Zipfel der Samtgemeinde sieht es zwar personell auch aufgrund der Zusammenlegung mit der aufgelösten Feuerwehr Fölziehausen noch gut aus, doch auf lange Sicht werden laut Kirchner auch dort die Zahlen sinken. Die kleineren Ortsfeuerwehren sind aber nicht nur aufgrund ihrer Lage ein Problemfall, sondern auch wegen der mittlerweile fehlenden Arbeitsplätze vor Ort. Viele Menschen aus den kleinen Orten pendeln zur Arbeit und sind tagsüber nicht vor Ort. „Selbst Feuerwehren wie Duingen haben tagsüber nur wenige Aktive im Einsatzfall vor Ort und stoßen an ihre Grenzen“, so Kirchner. Bisher sind Einsätze noch durch Alarmierungen von mehreren Feuerwehren erfolgreich abgearbeitet worden. Kirchner rechnet bei einer fortlaufenden Entwicklung damit, dass schon in wenigen Jahren Maßnahmen wie Pflichtfeuerwehren oder hauptamtlichen Feuerwehren aufgestellt werden müssen. Die Zeche dafür würden dann die Einwohner der Samtgemeinde Leinebergland zahlen, denn die Kosten für etwa eine hauptamtliche Feuerwehr muss die Verwaltung natürlich auch auf die Einwohner und Firmen der Samtgemeinde umlegen. Wenn sich also nicht mehr Einwohner für die Feuerwehr engagieren, werden sie später das fehlende Engagement bei der Feuerwehr eventuell teuer bezahlen.

In Coppengrave fanden sich direkt in der Versammlung und in den Gesprächen danach schon zwei Einwohner, die überlegen, in die Feuerwehr einzutreten. Dabei sind aber nicht nur die normalen Feuerwehraktiven das Problem. Ein vom Aufwand her überschaubarer Truppmann-Lehrgang und eine später folgende Überprüfung ist alles, was auf dem Weg zu einem Feuerwehrmann bewältigt werden muss. Aufwendiger wird es erst in den Führungspositionen, wenn Lehrgänge auch mal in Celle absolviert werden müssen. „Das ist dann aber alles freiwillig und kein Muss, wir sind über jeden Feuerwehraktiven dankbar“, so Kirchner. Es gibt aber auch einige positive Beispiele in der Samtgemeinde. In Hoyershausen etwa sind die Einwohner überdurchschnittlich stark in der Feuerwehr vertreten und bilden dort eine schlagkräftige Einheit bei der Feuerwehr. Auch die Ortsfeuerwehren Marienhagen und Weenzen verrichten schon seit letztem Jahr Dienste zusammen und haben so vor allem in der Tageszeit genügend Atemgeräteträger vor Ort. Nach Meinung der Samtgemeindefeuerwehrführung geht diese Zusammenarbeit aber nicht durch Weisung von oben, sondern muss aus der Mannschaft selber kommen. Lobend äußert sich Kirchner auch über die Zusammenarbeit mit den örtlichen Firmen oder der Politik und Verwaltung, die die Feuerwehr in den letzten Jahren immer nach Kräften unterstützt haben. „Es ist ein gutes Geben und Nehmen. Hier ist schon viel Vertrauen vorhanden und die Zusammenarbeit ist sehr eng. Natürlich können nicht alle Träume erfüllt werden, aber es wird schon viel in die Feuerwehr investiert“, ist Kirchner in diesem Bereich zufrieden. Auch wurde die Feuerwehr schon etwas entlastet, werden doch etwa Ölspuren tagsüber mittlerweile in der Regel durch den Bauhof beseitigt.

Auch der stellvertretende Samtgemeindebürgermeister und Landtagsabgeordnete Volker Senftleben (SPD) stellte in der Coppengraver Jahreshauptversammlung schon in Aussicht, dass man gerade Ehrenamtliche von der Feuerwehr auch mit besonderen Vergünstigungen locken könnte. „Einige Kommunen verzichten etwa bei Feuerwehrkameraden schon auf die Erhebung von Parkplatzkosten in der Stadt oder geben andere Vergünstigungen. Auch wenn es bei uns kaum kostenpflichtige Parkplätze gibt, sind ähnliche Vergünstigungen natürlich auch bei uns für diese wichtige Ehrenamtlichen eine Überlegung wert“, so Senftleben in der Versammlung. In den nächsten Monaten wird es in Coppengrave eine Einwohnerversammlung geben, wo den Menschen die brisante Lage der örtlichen Feuerwehr noch einmal verdeutlicht wird. Kirchner hofft, dass dann noch mehr Menschen aus dem Ort den Willen zeigen, sich in der Feuerwehr aktiv zu engagieren und so vor Ort zu halten.

Die Führung der Samtgemeindefeuerwehr stellt sich in vielen Bereichen auch neu auf. Mit Hilfe von Karsten Mentzendorff wurde etwa ein gemeinsames Logo für die Samtgemeindefeuerwehr Leinebergland entworfen, was das Zusammengehörigkeitsgefühl der Feuerwehrmitglieder weiter stärken soll. Auf den bisherigen Jahreshauptversammlungen wurden schon viele Aufkleber verteilt und erfreuen sich einer großen Beliebtheit. Neu werden soll auch eine Homepage für die Samtgemeindefeuerwehr, wofür Frank Kirchner und seine Stellvertreter Andre Schwarze und Stephan Lehnst aber noch einen Homepagebetreuer suchen. „Interessenten können sich gerne bei uns melden, wir wollen und werden aus der Feuerwehr zu so einer Aufgabe niemanden zwingen“, erklärt Kirchner.