Freude an der eigenen Geschichte

Chronik von Salzhemmendorf soll zum Jubiläum fertig sein

Salzhemmendorf (gök). Das LEADER-Projekt Geschichtspunkte hat Klaus Grote damals auf den Geschmack gebracht. Als der Salzhemmendorfer vor rund zehn Jahren mit vielen anderen Ehrenamtlichen „Geschichtspunkte“ auf den Weg gebracht und sich intensiv mit der Salzhemmendorfer Ortsgeschichte auseinandergesetzt hat, kam die Idee auf, die Chronik von Salzhemmendorf neu aufzulegen und fortzuschreiben. Der damalige Ortsbürgermeister Lutz Hesse hatte den Rentner ermutigt, sich dem Projekt Chronik anzunehmen und konnte ihn schließlich überzeugen.

Grote bekam die alte Chronik von Wilhelm Seidensticker von 1938 in die Hand gedrückt und beschäftigte sich fortan noch intensiver mit der Geschichte seines Heimatortes, was ihn mehr und mehr begeisterte. Zu Gute kam dabei Grote, dass er 1955 eingeschult wurde und in der Schule noch die Sütterlinschrift gelernt hat, in der auch die Chronik von Seidensticker geschrieben war. Schon bei seinem ehemaligen Arbeitgeber BHW in Hameln war er einer der wenigen, der alte Grundbuchauszüge in Sütterlin noch lesen konnte. „Zwar hat uns der Lehrer Fritz Ebel damals in der Schule Sütterlin beigebracht, ich musste mich jetzt aber erst wieder langsam daran gewöhnen. Beim Übertragen der alten Chronik wurde schon sehr deutlich, dass diese 1938 schon im Geist der damaligen Zeit des Nationalsozialismus geschrieben wurde und wohl auch der Einstellung des Chronisten entsprach“, so Grote. Am Ende hatte er 200 Seiten aus der alten Chronik in die lateinische Schrift übersetzt.

Eine sehr gute Quelle war aber auch die Festzeitschrift zum 950jährigen Ortsjubiläum, die 1972 Herbert Six geschrieben hatte. „An den Anhaltspunkten dieser beiden Chroniken habe ich mich schließlich entlanggehangelt“, erklärt Grote im Gespräch. Verlassen konnte sich Grote bei seiner Arbeit auch immer auf den jetzigen Ortsbürgermeister Karsten Appold und Thomas Otte vom Ortsrat, die ihm bei Fragen und Bitten immer zur Seite standen.

Intensiv ausgetauscht hat er sich aber auch mit dem Historiker Dr. Olaf Grohmann, der schon bei Projekten im ganzen Flecken maßgeblich beteiligt war und ehrenamtlich auch dem Bergmannsverein in Osterwald vorsteht. Noch in Klärung ist, wie genau die neue Chronik aussehen wird. Fakt ist, dass vor allem die Vergangenheit von Salzhemmendorf aus dem 20. Jahrhundert in den Vordergrund gerückt werden soll. Nach dem Willen von Grote soll es zudem nicht eine reine Abfolge von geschichtlichen Ereignissen sein. Bisher hat er schon auf über 270 Seiten die Geschichte von Salzhemmendorf zusammengefasst und dabei auf 24 Abteilungen aufgeteilt. In den Abteilungen beschreibt er dann die geschichtliche Entwicklung in mehreren Bereichen.

Dankbar ist der Salzhemmendorfer über die tolle Unterstützung, die er bei dem Projekt bekommen hat. Arnold Lücke stellte seine Fotosammlung zur Verfügung und fertigte auch neue Bilder etwa mit seiner Drohne an. Zusätzlich bekam er auch von der Kirche interessante Unterlagen, von Hanna und Berend Grützmacher Fotos über das ehemalige Kalkwerk Biermann & Pieper oder noch weitere Fotos von den Salzhemmendorfer Bürgern. Dabei stieß er auch auf überraschende Fakten, wie etwa die Ausrichtung der Kirche. „Kirchturm und Kirchenschiff bilden nicht eine gemeinsame Linie. Der Kirchturm wurde 1427 das erste Mal in historischen Dokumenten erwähnt und war wie die meisten Kirchen damals nach Osten ausgerichtet. Über die Jahre ist der magnetische Nordpol dann aber gewandert, weshalb das später entstandene Kirchenschiff sechs Grad vom Kirchenturm abweicht“, erklärt Grote dieses Phänomen der komischen Kirchenbauform in Salzhemmendorf.

Einen großen Teil nimmt neben der Salzsiede- und Baugeschichte aber auch die Industriegeschichte in der Chronik ein. Ob Dolomitwerk, Steinbrüche oder aus der Neuzeit die Calenberger Ingenieure, die sich als Hochtechnologieunternehmen auch beim Bau der Großforschungsunternehmen CERN in der Schweiz eingebracht haben – die Salzhemmendorfer Industriegeschichte ist über die Jahre sehr vielfältig gewesen. Auch die Orgelbauer Faber & Greve haben vor rund 100 Jahren schon Orgeln in die ganze Welt ausgeliefert. Nicht zufrieden ist Grote mit den gesammelten Daten aus der Schulgeschichte. „Leider ist es mir bisher nicht gelungen, eine Schulchronik auf die Beine zu stellen. Die jetzige Grundschule wurde 1953 gebaut, doch leider sind kaum noch Unterlagen vorhanden“, bedauert Grote. Eingebaut wurden auch aktuelle Daten, wo sich Grote zum Beispiel mit dem Klima in Salzhemmendorf beschäftigt hat. Die Geschichte von Salzhemmendorf soll damit auch in die Neuzeit gebracht werden, erklärt der Chronist seinen Ansatz.

Die Fertigstellung des Chronikentwurfes ist für dieses Jahr vorgesehen. Die Abstimmung über die Endfassung soll dann mit Dr. Olaf Grohmann erfolgen, so dass die Chronik zur 1000-Jahr-Feier des Ortes 2022 veröffentlicht werden kann. „Grundsätzlich hat mich die Arbeit bisher richtig begeistert und macht mir unheimlich viel Spaß. Der Aufwand ist aber unglaublich und hat sich über viele hundert Stunden hingezogen. Es ist super interessant, den Ort aus verschiedenen Zeiten zu sehen“, so Grote. Bedauern tut der 72jährige lediglich, dass er keine Aufzeichnungen aus den Jahren 1933 bis 1945 gefunden hat. Dank der Infos von Bernhard Gelderblom und Burkhard Bösterling hat er sich aber zumindest mit der Geschichte der Zwangsarbeiter in Salzhemmendorf beschäftigt. Eine Auseinandersetzung mit diesem Teil der Salzhemmendorfer Geschichte hat in früheren Jahren nicht stattgefunden. Umso intensiver hat sich Grote aber mit der Nachkriegsgeschichte von Salzhemmendorf auseinandergesetzt. Der Einmarsch der Amerikaner oder der Verwaltungsaufbau durch die Engländer mit den ersten Kommunalwahlen wurden von Grote durch viel Arbeit im Kreisarchiv aufgearbeitet. Explodiert ist nach dem Krieg auch die Bevölkerungsentwicklung von Salzhemmendorf, was die Einwohner damals auch gewuppt haben.

Foto Biermann und Pieper: Das Kalkwerk Biermann und Pieper, wo heute die ARAL-Tankstelle steht

Foto Klaus Grote: Schon seit einigen Jahren arbeitet Klaus Grote an der neuen Chronik von Salzhemmendorf

Foto Plan Kirche: Auf dem Plan der Kirche erkennt man die unterschiedliche Neigung von Kirchenschiff und Kirchturm

Foto Ratskeller: Der Salzhemmendorfer Ratskeller um 1920

Foto Voska: Das VOSKA-Kalkwerk im Süden von Salzhemmendorf, Anfang der 50iger Jahre

Foto Zimmerplatz: Der Zimmerplatz in den 50iger Jahren – heute ist dort der REWE-Markt mit angrenzender Einkaufspassage und Parkflächen, im jetzigen Rathaus-Gebäude war damals noch die Sparkasse ansässig

Foto Sütterlin: Die Chronik von 1938 ist in Sütterlin geschrieben und musste zunächst übersetzt werden