Kampf gegen Windmühlen am Thüster Berg

Forstgenossen führen fast chancenlosen Kampf gegen Borkenkäfer

Thüste (gök). Als Maik Steins Anfang des Jahres den Vorsitz der Forstgenossenschaft Thüste von Wolfgang Pirk übernommen hatte, hätte er nicht gedacht, dass gleich zu Beginn seines Schaffens so eine große Herausforderung auf ihn und die Forstgenossenschaft zukommen würde. Bedingt durch die Trockenheit der letzten Jahre hat sich der Borkenkäfer explosionsartig vermehrt und über die Fichtenbestände am Thüster Berg und auch anderswo hergemacht. „Innerhalb eines Jahres haben wir über die Hälfte unserer Fichten verloren, laufen der Entwicklung dabei stets hinterher und kämpfen gegen Windmühlen“, so Maik Steins im Gespräch.

Über die Hälfte vom Fichtenbestand verloren

Alleine von März bis August hat allein die Forstgenossenschaft Thüste 647 Festmeter Fichte verloren und im September werden noch einmal 130 Fichten aus dem Bestand entnommen, womit man das Festmahl des Borkenkäfers zu beenden hofft. Steins schätzt, dass in maximal fünf Jahren keine Fichte mehr im Gebiet der Thüster Forstgenossenschaft am Thüster Berg stehen wird. Der große Laubwaldanteil auf der rund 90 Hektar umfassenden Fläche der Forstgenossenschaft gleicht zwar die Verluste noch etwas aus, doch ohne Zuschüsse muss man trotzdem an die Rücklagen rangehen. Alleine der Einschlag bei den Fichten hat die Thüster 15 000 Euro gekostet, wobei das Holz aber nur sehr schlecht vermarktet werden kann. „Teilweise verschenken wir das Holz fast, weil der Markt aufgrund ähnlicher Probleme anderer Waldbesitzer einfach übersättigt ist“, erklärt Steins das Dilemma.

Befall durch Trockenheit

Der Befall durch den Borkenkäfer ist nur durch das Extremwetter so ausgeartet. Die Bäume sind durch die Trockenheit sehr geschwächt und können sich kaum noch wehren. Bei genügend Feuchtigkeit gibt es einen natürlichen Schutzwall bei den Bäumen mit ausreichend Harz, womit die Käfer durch die Bäume selber bekämpft werden. Wenn nur ein befallener Baum im Bestand stehenbleibt, kann das die anderen Bäume schon wieder gefährden. Ein Borkenkäferweibchen kann im Jahr bis zu 50 000 Nachkommen zeugen, die dann einen entsprechenden Hunger entwickeln. Die Thüster können den Borkenkäfer nur durch einen entsprechenden Einschlag und entfernen der Bäume bekämpfen. Fallen waren zeitweise gar nicht mehr auf dem Markt zu bekommen, dazu sehr teuer und auch arbeitsintensiv. Schon jetzt gibt es so große Einschläge, dass zwischen dem Nachbargebiet auf der Westseite und der Grenze zum Hildesheimer Gebiet große Freiflächen im Wald entstanden sind. „Überall in der Region sind immer wieder braune Flächen oder sogar Freiflächen in Wäldern zu beobachten. Das zeigt, dass überall der Borkenkäfer durch die Trockenzeit enorm profitiert hat“, erklärt Steins die katastrophale Situation für die Forstgenossenschaften und Waldbesitzer in ganz Niedersachsen.

Auch Buchen haben Probleme

Im Frühjahr gab es sogar Anzeichen, dass der Borkenkäfer mangels Fichten in der Nähe in einer anderen Forst sogar auf einige Buchen gegangen ist, was eigentlich total untypisch ist. Auch die Buchen haben durch die Trockenheit sehr zu kämpfen und leiden oft an der Schleimflusskrankheit, wodurch sich ein Pilz einnisten kann und die Buchen dann meistens absterben. Schon ohne Borkenkäfer sind daher auch Laubbäume schon genug belastet. Laut Steins können sich Forstgenossenschaften nur noch durch Fördergelder aufgrund der Extremwetterfolgen-Richtlinie des Landes Niedersachsen noch über Wasser halten und mit viel Glück kostendeckend arbeiten. Gewollt ist von der Landesregierung dabei ein gesunder Mischwald. Um eine Monokultur durch reine Buchenbäume zu verhindern, haben die Thüster Forstgenossen in den letzten Jahren auch Bäume wie Sommerlinde, Elsbeere, Wildkirsche oder Wildbirne angepflanzt, wobei aber der Standort immer bedacht werden muss. Die Thüster hoffen zudem darauf, dass zukünftig nach den Förderrichtlinien auch die Douglasie in einem kleinen Anteil gepflanzt werden darf. Das ist zwar keine einheimische Nadelbaumart, diese kommt aber mit der Trockenheit sehr gut zurecht und könnte den künftigen Bedarf an Bauholz mit decken. „Wir hoffen aber dringend auf besseres Wetter, also mehr Regen als in den Vorjahren. Das wäre zwar zum Beispiel für den Tourismussektor schlecht, aber für den Wald sehr wichtig. Bei einem feuchten Winter und auch regnerischen Sommer im nächsten Jahr könnte sich der Wald wieder etwas erholen und dann auch selber gut gegen Belastungen wie etwa den Borkenkäfer kämpfen“, hofft Steins.

 

Infobox:

Borkenkäfer: Die Borkenkäfer (Scolytinae) sind eine Unterfamilie der Rüsselkäfer und erreichen eine Körperlänge zwischen 0,7 und 12 Millimetern. Borkenkäfer sind eine artenreiche Gruppe oft braun und schwarz gefärbter Käfer, von denen sich viele Arten unter der Borke oder im Holz von Bäumen in selbstgebohrten Gängen fortpflanzen und die zum Teil großen wirtschaftlichen Schaden anrichten. Trotz dieser Schäden spielen sie aber eine wichtige Rolle im Stoffkreislauf des Ökosystems Wald. Von den weltweit 6000 Borkenkäferarten sind in Deutschland etwa 110 verschiedene Arten heimisch.

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Foto8562: Der fertige Borkenkäfer

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Foto8564: Schleimfluss an Alter Buche