30 Jahre Freundschaft mit Benneckenstein

Städtpartnerschaft wird nur noch privat gepflegt

Salzhemmendorf (gök). 30 Jahre ist der Tag der Deutschen Einheit am Samstag, den 3. Oktober 2020 mittlerweile her. Auch für Salzhemmendorf ist dieser Tag ein ganz Besonderer. Denn direkt am 3. Oktober 1990 unterschrieben der damalige ehrenamtliche Bürgermeister von Salzhemmendorf Karl-Heinz Grießner zusammen mit dem damaligen Gemeindedirektor Udo Stenger und sowie den Vertretern von der Stadt Benneckenstein im Harz eine Partnerschaftsurkunde. Unterzeichnet wurde auch noch eine Urkunde mit der niederländischen Gemeinde Arcen en Velden, die ebenfalls eine Partnerschaft mit Benneckenstein besiegelten. Bei dem Festakt auf der Freilichtbühne Osterwald waren damals rund 700 Personen aus Politik, Verwaltung, Vereinen und Bürgerschaft dabei.

Die Freundschaft mit Benneckenstein war direkt nach der Grenzöffnung entstanden. Nach der Grenzöffnung im Herbst 1989 kamen viele DDR-Flüchtlinge nach Deutschland. „Etwa 25 Flüchtlinge kamen damals auch aus Benneckenstein und landeten hier in der Region und wurde unter anderem im Fichtenwirt in Osterwald oder in Privatwohnungen untergebracht. Noch heute wohnen gerade im Bereich Coppenbrügge noch einige ehemalige Benneckensteiner“, erinnert sich Grießner gerne zurück an diese bewegende Zeit.

Ähnlich wie vor einiger Zeit bei vielen Flüchtlingen aus Syrien wurden auch damals viele Spenden an Kleidung oder Möbeln gesammelt, um den Flüchtlingen hier eine gute Bleibe zu ermöglichen. Damals gab es schon lockere Kontakte der Gemeinde in die Niederlande nach Arcen, Lomm und Velden. Auch die Holländer brachten sich mit Spenden bei den DDR-Flüchtlingen mit ein und schickten alleine zwei LKW-Ladungen an Kleider- und Möbelspenden in den Raum Salzhemmendorf. Durch dieses Zusammenwirken verbesserte sich auch der Kontakt in die Niederlande und förderte die Aussöhnung nach dem Zweiten Weltkrieg, was gerade dort laut Grießner nicht so einfach war. Nur langsam wurden dort durch viele gegenseitige Besuche Vorbehalte abgebaut.

Über den Städte- und Gemeindebund wurden in der Wendezeit ostdeutsche Städte aufgelistet, die Partnerschaften zu westdeutschen Gemeinden aufbauen wollten. Dabei ging es nicht um finanzielle Interessen, sondern Erfahrungsaustausch und dem lernen von Demokratie. Nach Rücksprache im Rathaus fuhr eine Delegation unter anderem bestehend aus Jürgen Mertens, Karl-Heinz Grießner und Frank Sommerfeld aus Salzhemmendorf zuerst Richtung Sangerhausen. Auf der Rückfahrt kam man auch nach Benneckenstein am Dreiländer-Eck von Sachsen-Anhalt, Niedersachsen und Thüringen, wo man sich gleich willkommen fühlte. Benneckenstein stand damals kurz vor der Kommunalwahl, wo schließlich Heinz Möhwald zum Bürgermeister gewählt wurde. Immer wieder wurde sich dann ausgetauscht und auch die dortige Verwaltung beim Aufbau unterstützt. Sogar das Team vom Salzhemmendorfer Bauhof kam dann in Benneckenstein zum Einsatz und half mit bei der Gestaltung des dortigen Bürgerparks. Auch Auszubildende aus Benneckenstein wurden später in der Salzhemmendorfer Verwaltung ausgebildet.

Waren die Kontakte auf Gemeindeebene am Anfang noch sehr stark, nahm das über die Jahre dann ab. Besonders den Vereinen war es dann noch vorbehalten, die Beziehungen aufrechtzuerhalten. Eine Abordnung des Männergesangverein Wallensen etwa fuhr bei einem Besuch mit Heinz Möhwald hoch auf den Brocken.

Über die Jahre ist der Kontakt dann mehr und mehr eingeschlafen. Am 1. Januar 2010 standen in den Niederlanden und im Harz Gebietseformen an, die die ursprünglichen Partnergemeinden von Salzhemmendorf auflösten und damit auch die Partnerschaften offiziell beendeten, was später durch den Gemeinderat noch einmal bestätigt wurde. Die Stadt Benneckenstein tat sich dabei mit einigen anderen Gemeinden zur Stadt Oberharz am Brocken zusammen, während Arcen, Lomm und Velden in die Stadt Venlo eingemeindet wurden. Zwar gibt es immer noch viele private Kontakte in die Niederlande oder nach Benneckenstein, doch auf Vereinsseite ist nur noch der KKSV Wallensen sehr aktiv. Die Schützenkameraden aus Benneckenstein werden immer noch regelmäßig bei den Königsproklamationen und anderen Festen begrüßt, wobei immer noch viele Gegenbesuche stattfinden. „Es war damals eine total interessante Zeit und schon etwas Besonderes, die deutsch-deutsche Wiedervereinigung und Aufbruchstimmung so aus der Nähe mitzuerleben. Die Stimmung und Hilfsbereitschaft war damals schon bemerkenswert“, erinnert sich Grießner gerne an diese außergewöhnliche Zeit zurück. Besonders die Menschen aus Benneckenstein hatten laut Grießner einfach nicht immer die Zeit, sich um die Pflege der Partnerschaft zu kümmern. Er zeigt auch jetzt noch Verständnis dafür, dass die Menschen aus Benneckenstein damals vor allem ihre Wirtschaft erstmal wiederaufbauen mussten und für vieles andere dann keine Zeit mehr hatten. Grießner glaubt aber auch, dass durch die gezielten Förderungen für die ostdeutschen Gebiete das Verlangen nach einer Partnerschaft auch im Westen etwas erkalten ließ. Als sich die Beteiligten jetzt im Rathaus an diese Zeit zurückerinnerten, kamen auch einige Anekdoten wieder ans Licht. Peter Gehrke etwa geht in wenigen Monaten im Rathaus in den Ruhestand und fuhr damals die Salzhemmendorfer Delegation zu einem Treffen nach Benneckenstein. Der mittlerweile verstorbene Ratsherr Fritz Klemme hatte aber seinen Ausweis Zuhause vergessen und wurde kurzerhand zunächst in die DDR rein- und danach wieder versteckt im Bus rausgeschmuggelt. „Zu der Zeit gab es aber nur noch Pro Forma-Kontrollen an der Grenze“, relativierte Grießner die mittlerweile amüsante Erinnerung an bewegte Zeiten. Dabei waren einige Salzhemmendorfer auch bei der ersten Fahrt der Brockenbahn hoch auf den Berg. Dort waren auch noch einige russische Soldaten stationiert, die aber hinter einem Zaun einen sehr schlechten Eindruck auf die Salzhemmendorfer machten. Vor Ort wurden an die ziemlich verwahrlost wirkenden Russen Lebensmittel durch den Zaun überreicht, wofür es viele dankbare Worte gab.

 

Foto5393: Die Partnerurkunde von Salzhemmendorf und Benneckenstein hängt heute noch im Rathaus Salzhemmendorf

Foto5394: Die Partnerurkunde von Salzhemmendorf und Arcen en Velden hängt heute noch im Rathaus Salzhemmendorf

Foto8847: Anfang der neunziger Jahre fuhr eine Delegation des Männergesangverein Wallensen mit Vertretern des Rathauses Benneckenstein hoch auf den Brocken

Foto6173: Peter Gehrke ist einer der nur noch wenigen aktiven Gemeindemitarbeiter, der bei der Entstehungsphase der Partnerschaft dabei war