Gelegenheit wird ergriffen

Flecken kauft ehemalige Volksbank / Medizinisches Versorgungszentrum in Wallensen?

Wallensen (gök). Knapp zwei Jahre ist es her, dass Wulf Osterwald plötzlich und unerwartet verstorben ist. Der Wallenser Allgemeinmediziner war sehr beliebt und hatte auch außerhalb von seiner Praxis in Wallensen viele Patienten. Lediglich für eine kurze Übergangsphase gelang es, einen Vertretungsarzt in der Wallenser Arztpraxis zu beschäftigen. Danach liefen alle Bemühungen ins Leere und die Praxis wurde zum Bedauern der ehemaligen Patienten aufgelöst.

Doch mit dem Umstand einer fehlenden Praxis will sich die Mehrheitsgruppe aus SPD, Grünen und FDP im Salzhemmendorfer Rat weiterhin nicht abfinden. Die mittlerweile geschlossene Volksbankfiliale stand in Wallensen schon länger leer und wurde mittlerweile zum Verkauf angeboten. Bereits im Februar stellte die Gruppe den Antrag, dass das Gebäude gekauft wird und damit eventuell später die Medizinische Versorgung in Wallensen wieder gewährleistet wird. Am 18. März wurde im Verwaltungsausschuss beschlossen, Kaufverhandlungen aufzunehmen. Diese haben einen Kaufpreis von 75 000 Euro plus gut 9 400 Euro Nebenkosten ergeben. Zusätzlich wird mit laufenden Kosten von etwa 1400 Euro im Jahr gerechnet.

Denkbar knapp entschied sich jetzt der Rat für den Kauf des Gebäudes. Die Mehrheitsgruppe aus SPD, Grünen und FDP sowie Udo Stenger (BWG) stimmten für den Kauf, während die CDU-Fraktion und die Aktiven Bürger dagegen waren. Bürgermeister Clemens Pommerening (parteilos) enthielt sich der Stimme, da er zwar das Vorhaben gutheißt, aber das Gebäude nicht als optimal betrachtet. Stenger kritisierte die Gegner des Projektes, dass diese nicht den Mut zu so einer solchen Entscheidung hätten. Aus seiner Sicht werden langfristig noch viel größere Kosten auf die Gemeinde im Zug der medizinischen Versorgung zukommen. Auch die Verwaltung kam bei seiner Kritik nicht zu kurz, bemängelte er doch ein fehlendes Konzept, obwohl schon so viel Zeit ins Land gegangen ist. „Wozu sitzen wir hier letztendlich im Rat? Wir wollen als Kommunalpolitiker doch Dinge steuern und entwickeln“, erklärte etwa Karsten Appold (Grüne) seine positive Entscheidung für den Kauf. Auch aus seiner Sicht ist das Gebäude sicherlich nicht optimal, stellt aber auch einen gewissen Gegenwert dar. Für ihn ist es eine Investition in Gesamt-Salzhemmendorf, welche Gestaltungsmöglichkeiten bringt. Karl-Heinz Grießner (SPD) erinnerte auch daran, dass auch im Gemeinde-CDU-Wahlprogramm die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung ein Schwerpunkt ist. In der Ortslage ist der Kauf aus seiner Sicht alternativlos, bekommt man doch nichts anderes für diesen Preis. „So eine Chance gibt es nicht wieder“, bekannte auch Wilhelm Koops (Grüne).

Die „Opposition“ aus CDU und Aktiven Bürger kritisierte nicht nur den Kauf, sondern auch etwaige Umbaukosten, die nach grober Schätzung mit weiteren 185 000 Euro beziffert werden. Ratsmitglieder der Mehrheitsgruppe betonten aber immer wieder, dass es zunächst nur um den Kauf geht. Man wolle schließlich die Gelegenheit ergreifen und die Chance auf eine medizinische Versorgung vor Ort zu sichern. Friedrich-Wilhelm Knust (CDU) betonte, dass die freiwilligen Leistungen mit 2,6 Prozent schon eh nah an den erlaubten 3 Prozent liegen und jetzt überschritten werden. Er selber hätte zusammen mit allen Ratsmitgliedern lieber erst ein Gutachten für eine medizinische Versorgung in Auftrag gegeben und dann entsprechend gehandelt. „Wir haben zwar im Flecken noch sechs Allgemeinmediziner, auch wenn die Verteilung natürlich nicht optimal ist“, gab er jedoch zu, dass die Versorgung im Süden des Fleckens sehr schlecht ist. Er glaubt aber nicht, dass die Patienten bei einem Arzt vor Ort dann auch alle wieder von anderen Ärzten zurückkommen. Günter Rathing erklärte die Gegenstimmen der Aktiven Bürger wegen der etwaigen zusätzlichen Kosten. Thomas Hölscher (SPD) dagegen forderte, dass der Rat mutig handeln sollte und man sich über Ausbaustufen noch keine Gedanken machen muss. „Wie soll man den Menschen vor Ort erklären, wenn man diese Chance nicht nutzt?“

Finanziert wird die Maßnahme mit in 2021 nicht benötigten Geldern aus dem Ausbau der Kindertagesstätte Stoppelhopser in Thüste. Allerdings soll nach der Beschlussfassung im Haushalt 2022 die fehlende Summe dann für den weiteren Ausbau der Kindertagesstätte wieder bereitgestellt werden.

Foto: Die ehemalige Volksbank-Filiale in Wallensen wird vom Flecken Salzhemmendorf gekauft und könnte später die medizinische Versorgung in Wallensen erleichtern