Vom Garagenbetrieb zum touristischen Anlaufpunkt

Mosterei Ockensen und Scheunencafe immer beliebter

Ockensen (gök). Dieses Jahr feiert die Mosterei ein ruhiges Jubiläum. Ohne Corona wäre sicherlich das 20jährige Jubiläum der Mosterei Ockensen mit einem großen Mostfest gefeiert worden. 2001 wurde die Mosterei Ockensen quasi auf der grünen Wiese als kleiner Garagenbetrieb in der Ockenser Saalestraße von Olaf Seifert gegründet. Der gelernte Bankkaufmann erfüllte sich damit damals einen schon lang gehegten Traum und betrieb die Mosterei zunächst nur nebengewerblich.

„Auf einem Campingplatz in Dänemark hatten wir einen Ingenieur und eine Ärztin kennengelernt, die selber in einem Schweinestall auf einem Hof bei Visselhöfede eine Mosterei gegründet hatten. Das fand ich toll und begeisterte mich sofort dafür“, erinnert sich Olaf Seifert zurück.

Seifert ist dankbar, dass die dortigen Betreiber auch mit zahlreichen Tipps bei der Gründung in Ockensen unterstützten. Als Konkurrenz wurde man nicht angesehen, da man ja nur regional arbeitet. Die damalige Garage von seinem Haus in Ockensen fand Seifert damals zu schade als Parkplatz für sein Auto und feierte dort schließlich das Richtfest der Mosterei Ockensen. Immer wieder investierte Seifert dann in den gut wachsenden Betrieb, der dann aber vor Ort schnell zu klein wurde und man sich nach Alternativen umschaute. Schließlich kaufte Seifert 2004 in Ockensen einen Bauernhof, der genug Platz für Erweiterungen bot. Immer wieder war die Mosterei Vorreiter bei verschiedenen Entwicklungen im Most-Geschäft. So gab es etwa Flaschen im Mehrwegsystem oder das Saftbox-System, was mittlerweile Standard geworden ist und viele Mostereien beim „Bag in box“-System nachgezogen haben.

Auf dem Bauernhof wurden die Räumlichkeiten schließlich umgebaut und 2005 dort mit der Mosterei eingezogen. „Da hatten wir dann viel mehr Platz und endlich auch Lagermöglichkeiten“, erklärte Seifert. Rückblickend hat Seifert niemals ansatzweise an die Entwicklung gedacht, die dann über die Jahre genommen wurde. Noch heute ist aber Apfelsaft der Renner, auch wenn es viele verschiedene Sorten wieKirsche, Aronia oder Johannisbeere in die Saft-Boxen schaffen.

2006 wurde dann als weiteres Standbein das Scheunencafe gegründet, welches nun schon 15jähriges Jubiläum feiert. Schnell fragten dann die Kunden auch nach Möglichkeiten zum Feiern, was Seifert zusammen mit seiner Frau Constanze Wittig dann noch mehr Antrieb. Das auf den ersten Blick ungewöhnliche Paar von einem Banker und einer Innenarchitektin erwies sich dann als Glücksfall. Mit viel Liebe zum Detail war die Handschrift von Constanze Wittig auf dem Bauernhof schnell zu erkennen, was sicherlich eins der Erfolgsgeheimnisse des Scheunencafes ist. Neben den beliebten Kuchenbuffets entwickelte sich das Scheunencafe dann zur beliebten Location für Familienfeiern oder Hochzeiten, wo sich vor allem Constanze Wittig verwirklichen konnte. Zu den Feierangeboten kam dann noch das regelmäßige Frühstücksangebot dazu, was auch immer sehr gut angenommen wurde. 2009 folgte schließlich ein weiterer Umbau, als der ehemalige Kuhstall zum Cafe umgestaltet wurde. 2016 und 2019 fanden die bisher letzten großen Baumaßnahmen statt, als eine neue Küche, neue Fußböden und Barrierefreiheit umgesetzt sowie das Dach saniert wurde. Bis zur Corona-Pandemie erfreute sich das Scheunencafe einer sehr großen Nachfrage. Das Scheunencafe entwickelte sich dabei auch zu einem touristischen Faktor, da das Einzugsgebiet von Nordhessen bis nördlich von Hannover reicht und auch viele Tagesausflügler in die Region lockt.

Seifert gibt dabei zu, dass man kein „Billigheimer“ ist. „Wir haben aber eine eigene Küche mit eigenen Köchen und produzieren alles selber. Selbst die Soßen ziehen wir selber und die Menschen merken, dass bei uns Qualität geboten wird. Nach Möglichkeit beziehen wir alle Produkte aus der Region und stärken hier auch die Produzenten“, erklärt Seifert das Qualitätsprinzip. So gibt es auch mal Fleisch vom Sattelschwein aus Capellenhagen in Ockensen zu essen. Auch die mittlerweile gut angewachsene Mannschaft vom Scheunencafe wird gut bezahlt, so dass man diese mit viel persönlichem Einsatz auch während der Pandemie halten konnte. Froh ist Seifert, dass man mit Mosterei und Scheunencafe auf zwei Standbeine gesetzt hat. In obstschwachen Jahren hat das Scheunencafe Ausfälle bei der Mosterei aufgefangen und während der Pandemie war es dann andersrum. Olaf Seifert beschäftigt mittlerweile acht Festangestellte und bildet auch regelmäßig aus, woraus der eigene Nachwuchs auch resultiert. So werden derzeit auch wieder Auszubildende zum Restaurantfachmann und Koch gesucht, wofür man sich gerne bewerben darf. Der Billigtrend aus den Supermärkten setzt sich laut Seifert in der Gastronomie leider fort. „Wenn man aber unter Tarif zahlt bekommt man in der Gastronomie auch keine guten Leute“, motiviert Seifert auch andere Gastronomen, ihre Angestellten angemessen zu bezahlen. Nicht verstanden hat Seifert auch so manche Corona-Regelung in der Vergangenheit. „Dass etwa 65 000 in ein Stadion dürfen, aber getestete, genesene oder geimpfte Gäste hier immer noch Maske tragen müssen, kann ich nicht nachvollziehen“, ärgert sich Seifert, was für die ganze Gastronomie bedrohlich ist.

Ein großes Anliegen ist Olaf Seifert und seiner Frau vor allem die Natur. So wurden am Waldrand des Ith auch schon zwei Hektar Streuobstwiesen angelegt, wodurch die Artenvielfalt in der Region verbessert wird. Das Obst wird dann immer für den eigenen Saftverkauf genutzt. Etwas schwierig in Verbindung mit dem unter Denkmalschutz stehenden Bauernhof ist das Ziel der Klimaneutralität des Betriebes.

Olaf Seifert ist zwar mittlerweile 70 Jahre alt, aber die Arbeit hält ihn jung. Seine Frau ist knapp zwanzig Jahre jünger und hat es aber auch nicht bereut, dass sie ihren alten 35-Stunden-Job gegen einen 70-Stunden-Job vor zwölf Jahren getauscht hat. „Die Frage nach der Zukunft schwirrt einem schon im Kopf rum, es geht aber immer weiter. Corona hat einem bei einer Schließung von sieben Monaten am Stück schon Angst gemacht, wir leben aber im Hier und Jetzt und sind guten Mutes“, so Seifert. Durch Corona wurde Seifert mit seinem Team doch auch gebrandmarkt. Große Jahrespläne gibt es nicht mehr und die ganze Gastronomie hat an Kurzfristigkeit gewonnen. „Es wurde schon mal montags für eine Hochzeit am folgenden Wochenende nachgefragt“, so Seifert. Durch die Anschaffung eines großen Zeltes will man nun noch etwas flexibler sein und den Kunden noch mehr Sicherheit bieten.

Am Anfang hatte die Mosterei keinen Kunden, jetzt sind es 3500 zufriedene registrierte Kunden, auch wenn die nicht jedes Jahr kommen. Das beliebte Mostfest wird dieses Jahr aufgrund der Lage nicht stattfinden. Der Weihnachtsmarkt ist nach jetzigem Stand noch für das erste und zweite Dezember-Wochenende geplant.

 

Foto1593: Bis 2005 war hier die Mosterei Ockensen untergebracht

Foto0112: Auf dem Hof des Scheunencafe genießen die Gäste die Leckereien

Foto0114: Olaf Seifert und Constanze Wittig feiern dieses Jahr doppeltes Jubiläum

FotoAlte Mosterei: In der Anfangszeit wurde noch in einer Garage gemostet

Foto Kuhstall: Aus dem alten Kuhstall wurde das Scheunencafe

Foto Streuobstwiese: Am Hang des Ith wurden auch eigene Streuobstwiesen angelegt

Foto Urzustand: Der Hof der Mosterei vor dem Umbau