Immer mehr Menschen „in den Pilzen“ unterwegs

Corona hat Anzahl der Pilzsammler wachsen lassen / Obacht vor „Doppelgängern“

Leinebergland (gök). Einmal im Monat geht Ralf Rammelsberg mit den Mitgliedern der Hildesheimer Pilz-AG auf Exkursion und bestimmt seltene Pilze. In seiner Freizeit ist er aber wie tausende andere Menschen auch auf der Suche nach Speisepilzen, die er sich dann schmackhaft zubereitet. Seit der Corona-Pandemie sind vermehrt Menschen in den Wäldern unterwegs und begeben sich dabei auch auf Pilzsuche.

Doch nicht nur er, sondern auch Pilzsachverständige oder die Gesellschaft für Mykologie (Pilzkunde) warnen davor, ohne Sachverstand auf die Pilzsuche zu gehen. Im Extremfall ist sogar eine tödliche Vergiftung möglich, die immer mal wieder vorkommen. Rammelsberg etwa kann sich eine tödliche Vergiftung 2019 in der Region erinnern, wo der grüne Knollenblätterpilz einen Menschen das Leben kostete. „Fast alle Speisepilze haben giftige Doppelgänger, die teilweise nur schwer zu unterscheiden sind“, so Rammelsberg.

Pilzsammler kommen aber das ganze Jahr auf ihre Kosten, kann man doch das ganze Jahr über Speisepilze in der Natur finden. Ein Hotspot ist für die Region dabei  der Südwald rund um Diekholzen, wo sicherlich auch dank des guten Wegenetzes viele Pilzsammler unterwegs sind. Unregelmäßig geben auch Volkshochschulen Pilzkurse, wo auch Anfänger willkommen sind. Rammelsberg selber rät immer davon ab, dass man sich nur auf ein Buch oder neuerdings auch auf Apps für das Smartphone verlässt.

Die Pilzsaison beginnt für die Sammler schon im Frühjahr mit dem Speisemorchel. Sein giftiger Doppelgänger ist der Frühjahrslorchel, der aber anders als der Speisepilz meistens im Nadelwald zu finden ist. Beide Pilze sind daher eher selten in unmittelbarer Nachbarschaft zu finden. Auch wenn sie sich beide ähnlich sehen, erkennt man Lorcheln an ihren hirn- und wurmartigen Windungen. Morcheln hingegen haben grubige Vertiefungen, die an Bienenwaben erinnern.

Mit Beginn des Sommers sprießen dann auch Röhrlinge und erste Steinpilze. Ein nicht hochgiftiger, aber ungenießbarer Doppelgänger des Steinpilzes ist dabei der Gallenröhrling. Dieser macht das Pilzessen aus der Pfanne bitter und damit ungenießbar. Zu erkennen ist er an seinen rosafarbenen Röhren, während der Steinpilz weiße Röhren hat. Beim Steinpilz ist zudem die Maserung des Stiels sehr viel feiner als beim Gallenröhrling, wobei der Gallenröhrling auch unangenehm riecht.

Besonders beliebt ist bei Pilzsammlern der Anis-Champignon, der auch nach Anis riecht. Auf Druck zeigt er zudem eine gelbliche Färbung, an der er gut zu erkennen ist. Sein tödlicher Doppelgänger ist der grüne Knollenblätterpilz, wo schon ein Pilz einen Menschen töten kann. Zur Unterscheidung muss man generell bei Pilzen alle Bauteile des Pilzes genau betrachten. Der grüne Knollenblätterpilz verfügt anders als der Champignon über eine lapprige Scheide und weiße Lamellen.

Generell sollten Pilzsammler laut Rammelsberg Pilze nur sammeln, wenn man sie nach dem Aussehen in dem jeweiligen Zustand auch auf einem Markt kaufen würde. Pilze verderben sehr schnell, weshalb man sich grundsätzlich mit jeder Pilzart auch den Magen verstimmen kann. Einige Arten dürfen trotz normalerweise freien Betretungsrechtes in den Wäldern auch nur für den privaten Verbrauch gesammelt werden, worunter auch die beliebten Steinpilze, Pfifferlinge oder Speisemorchel fallen. Einige Pilze wie etwa der echte Trüffel unterliegen sogar einem strengen Sammelverbot.

Die meisten gesammelte Pilze in hiesigen Regionen sind laut Rammelsberg im Herbst sicherlich die Maronen, wobei viele Sammler natürlich auch auf Pfifferlinge aus sind. Aber auch diese haben gefährliche Doppelgänger. Dem gut schmeckenden Trompetenpfifferling etwa sieht das Gallertkäppchen zum Verwechseln ähnlich, wobei dieser aber zur Unterscheidung vor allem Leisten auf dem Stiel hat. „Der Vorteil ist aber, dass das Gallertkäppchen im Fett gerne mal aus der heißen Pfanne springt und dabei auch manchmal noch erkannt wird“, erklärt Rammelsberg ein kurioses Unterscheidungsmerkmal.

Ganzjährig sammelbar sind Stockschwämmchen, die vor allem an Totholz wie vermoosten Buchen wachsen. Dabei handelt es sich zwar um kleine Pilze, die aber in buschiger Verbreitung wachsen und so auch eine komplette Mahlzeit ergeben können. Hier sollte man allerdings nur die Pilzhüte essen, da der Stiel zwar nicht giftig, aber sehr holzig ist. Mit dem tödlichen Gifthäubtling gibt es aber auch hier einen tödlichen Doppelgänger, der sogar am gleichen Baum sitzen kann. Zu erkennen ist der giftige Gifthäubtling im Vergleich zum Stockschwämmchen unter anderem an seinen fehlenden Schuppen und dem oft muffigen und unangenehmen Geruch.

Generell empfehlen Pilzexperten, dass man Pilze später in der Zubereitung ordentlich in der Pfanne durcherhitzt. Denn auch viele Speisepilze sind roh giftig und können zu großen gesundheitlichen Problemen führen. „Bei Pilzen darf man nie nachlässig werden und muss sie immer genau bestimmen“, warnt der Experte.

Foto Gallertkäppchen: Das Gallertkäppchen wird oft mit dem Trompetenpfifferling verwechselt

Foto Gifthäubling: Der Gifthäubling wird oft mit dem Stockschwämmchen verwechselt

Foto Grüner Knollenblätterpilz: Das Gift des grünen Knollenblätterpilzes wirkt tödlich

Foto Pfifferling: Der Pfifferling ist einer der beliebtesten Speisepilze

Foto Ralf Rammelsberg: Der Pilzexperte Ralf Rammelsberg ist oft im Wald unterwegs und sucht meist an feuchten Stellen nach Speisepilzen

Foto Speisemorchel: Der Speisemorchel kann schon im Frühjahr gefunden werden

Foto Steinpilz: Der Steinpilz ist bei Pilzsammlern sehr beliebt