Montenegro – die unbekannte Perle
Montenegro (gök). Montenegro? Ja, Montenegro! Als die ersten Gedanken aufkamen, den Westbalkan etwas intensiver zu erkunden, waren nicht alle sofort davon überzeugt. Nach Mallorca und Frankreich stand als Männerurlaub nun das erste Mal ein Land an, was allen noch gänzlich unbekannt und sogar etwas befremdlich war. Montenegro klang zunächst noch nach Eisernem Vorhang, Ostblock, monströsen Kriegsdenkmälern und grauen Fassaden. Doch nach etwas Information lösten sich die Vorurteile in Luft auf. Montenegro ist quasi die Fortführung der schon aus Kroatien bekannt schönen Adriaküste.
Besonders ist dazu noch die Bucht von Kotor, die als schönster Fjord von Südeuropa gilt und Ziel unserer diesjährigen Reise wurde. In Muo direkt neben Kotor bewohnten wir direkt an der Bucht nur durch die Küstenstraße zum Wasser getrennt die Villa Nick. Da schon vor Corona 2019 gebucht, war der Preis für uns noch relativ niedrig, mittlerweile verlangt der Vermieter aber schon 218 Euro die Nacht in der Nebensaison. Angereist sind wir dieses Mal mit dem Flugzeug von Hannover über München nach Dubrovnik. Dort haben wir bei Sixt unseren Mietwagen übernommen und kurzerhand von Opel Mokka auf Hyundai Tucson „upgegradet“. Für einen etwas geringeren Aufpreis war dann auch der Auslandsaufenthalt nach Montegro mit inkludiert. Kurz vor der Reise kam noch kurz Unsicherheit auf, bestätigte doch die Buchung beim ADAC die Möglichkeit der Reise nach Montenegro, während Sixt das in den kurz zuvor übersandten Mietbedingungen dann ausschloss. Vor Ort in Dubrovnik war davon aber nicht mehr die Rede. Auch das frühe einchecken und die Platzwahl im Flugzeug machte Sinn, war der Flug mit der Lufthansa doch netterweise überbucht. Für eine spätere Anreise über Frankfurt von München aus bot die Lufthansa in München 250 Euro pro Person, was für uns aber keine Option war.
Die Fahrt Richtung Kotor von Dubrovnik gestaltete sich dann sehr kurzweilig. Wir gewöhnten uns auch schnell daran, dass der Kroate oder Montenegriner lieber freundliche Huptöne von sich gibt, als sich mit der Hand oder einem Nicken zu bedanken. Nicken oder winken war aber oft auch nicht möglich, da anders als in Deutschland nahezu jeder zweite Fahrer auch dringend während der Fahrt das Handy ans Ohr halten musste. Während der späteren Tage lernten wir aber auch noch das schlechtgelaunte Hupen kennen, wenn auch in Montenegro jeder auf sein Recht im Straßenverkehr pochte. Der Weg Richtung Grenze ist gut ausgebaut und nach kurzer Wartezeit an der Grenze erfolgte der restliche Weg durch Montenegro nach Kotor fast nur entlang der Küste, so dass man auch optisch auf eine sonnige Urlaubswoche eingestimmt wurde. Da Montenegro vom 21. bis 23. Mai Nationalfeiertag feierte – im Ausland halt gerne mal drei Tage am Stück -, kauften wir noch in Kroatien ein. Die Preise waren fast bei jedem Teil günstiger als in Deutschland, wobei ein normaler Becher Butter für 50 Cent von Meggle besonders günstig war. Die nächsten Tage konnte es dann bei der Butter „daumendick“ auf das Toastbrot heißen.
Angekommen in Kotor zeigte uns Vidoje als Ansprechpartner der Villa Nick zunächst die Villa mit allen Räumen und Gartennutzung. Das Haus teilt sich in vier Ebenen auf, wobei man aber direkt unter dem Dach eher nicht schlafen möchte bei 27 Grad Außentemperatur. Wir drei hatten jeder ein schönes Schlafzimmer, eine riesige Wohnküche im Erdgeschoss, ein fast genauso großen Wohnzimmerbereich im zweiten Obergeschoss und zwei Bäder zur Nutzung. Direkt vor dem Haus gab es eine kleine Terrasse jenseits der Uferstraße, die sich unser Mietwagen mit den drei Liegen teilte. Beeindruckt waren wir sofort vom enorm klaren Wasser, für das die Adria besonders an der Balkanküste ja sehr bekannt ist. Noch schöner wäre es daher gewesen, wenn ich meine Taucherbrille nicht zuhause vergessen hätte.
Bekanntermaßen stehen vor allem männliche Bewohner dieses Planeten auf kulturelle Unterhaltung, weshalb wir schon vorher traditionell in unseren Männerurlauben jeden Tag entsprechendes Programm hatten. Am ersten vollen Tag unseres Urlaubs fuhren wir zunächst die Küstenstraße Richtung Westen ab, wo uns der Weg zuerst nach Budva führte. Nachdem wir etwas durch die Stadt geirrt waren, entdeckten wir auch die Altstadt, die einen Besuch wert ist. Wie überall in der älteren Stadtteilen finden sich auch hier Gebäude im mediterranen Baustil wieder, die ein besonderes Flair vermitteln. Der Einfluss aus den vorherigen Jahrhunderten mit venezianischer Herrschaft oder auch von der K&K-Dynastie zeigen sich auch im Baustil wieder. Interessant ist in Budva auch die Zitadelle, wo man von der obersten Spitze einen schönen Überblick über die Stadt erlangt.
Nach dem ersten Stadtbummel und einem leckeren Essen führte uns der Weg zurück Richtung Kotor aber erst noch nach Tivat. Der dortige Yachthafen ist laut Reiseführer das neue Monte Carlo, der Porto Montenegro überraschte uns dann aber doch mit seinem Luxus. Ein kanadischer Milliardär hat den Hafen die letzten Jahre mit angrenzenden Gebäuden ausgebaut und kommt dem Flair von Monte Carlo aus unserer Sicht nicht nur Nahe. Superyachten liegen nebeneinander, wobei mit der „Black Pearl“ auch eine der größten Segelyachten der Welt dort anlag. Diese lag allerdings in einem der Öffentlichkeit nicht zugänglichen Teil. Der Besitzer war ein 2021 verstorbener russischer Oligarch, weshalb die Eigentumsverhältnisse auch mit Blick auf den Ukraine-Krieg nicht ganz klar sind. Apropos Ukraine – die Woche über sahen wir unzählige ukrainische und auch russische Fahrzeuge, wo nicht ein Zeichen auf Krieg zwischen den Nationen hindeutete. Zu sehen bekamen wir im Porto Montenegro auch ein großes U-Boot, welches früher für Jugoslawien zum Einsatz kam.
Am zweiten Tag fuhren wir östlich von Kotor in die nördlich gelegenen Berge. Angefangen hat der Weg mit einer rund 40minütigen Auffahrt auf knapp 1400 Meter Höhe, wobei Serpentinen mit rund 30 Spitzkehren jeden Motorradfahrer erfreut hätten. Während des Aufstiegs fiel mir in einer der Spitzkehren der Hinweis auf eine Zipline auf, was ich mich dann ein paar Kilometer weiter nicht entgehen ließ. Für zehn Euro ließ ich mich an ein Stahlseil hängen und gleitete mühelos über eine Schlucht, von wo mich ein Auto auch den Berg zum Ausgangspunkt wieder hochfuhr. Im Harz habe ich vor wenigen Jahren für meinen Sohn damals schon inklusive Video mindestens das sechsfache bezahlt. Während des Gleitvorgangs und auch schon vorher öffnete sich dabei der Blick von oben auf Kotor und die dort vor Anker liegenden Kreuzfahrtschiffe, die während unseres Aufenthaltes täglich mit bis zu drei großen Schiffen in die Bucht hineinfuhren und tausende Touristen in die Stadt brachten. Nach der Ankunft im Hochland guckten wir uns in Ruhe die ehemalige Hauptstadt Cetinje an, die als Gesamtkunstwerk interessant ist. Die Gassen laden zum Bummeln ein, wirkten viele historische Gebäude früher doch als Botschaften und vermitteln ein entsprechendes Flair. Im Reiseführer wurden hier keine besonderen Anlaufpunkte angepriesen, womit er auch recht behalten sollte. Die Stadt an sich ist mit Parks, Kirchen oder den interessanten Gebäuden aber einen Ausflug wert. Interessant sind auch die deutlich geringeren Preise beim Restaurantbesuch im Vergleich zur Küstennähe. Während des Feiertages waren die Straßen gesäumt von Montenegrinern, die die sommerlichen Temperaturen mit ihren Familien genossen. Von Cetinje aus fuhren wir in den angrenzenden Nationalpark Lovcen, wo wir das Mausoleum des nationalen Dichterfürsten Petar Njegos besuchten. Der Weg dorthin beeindruckte mit bizarren Felsformationen und wunderschönen Häusern in dem Nationalpark. Am Mausoleum wartete eine kleine sportliche Herausforderung mit 450 Treppenstufen im Aufstieg. Oben gab es dafür dann einen herrlichen Ausblick in die Umgebung mit einem beeindruckenden Bauwerk zu Ehren des Dichters. Nervig waren rund um den Parkplatz unterhalb des Aufstieges Millionen von kleinen fliegenden Insekten, die besonders den Wanderern das Leben schwer machten. Auf dem Rückweg kaufte ich von einem der an der Straße befindlichen Bauernstände noch einen geräucherten Schinken, für den vor allem die Region Njegusi bekannt ist.
Fast alle Montenegriner waren generell sehr fair und korrekt. Eine Ausnahme bot nur der Kellner im Restaurant Lanterna nahe Kotor. Der setzte uns 9,50 Euro für ein paar Brotscheiben auf die Rechnung, die wir aber gar nicht bestellt hatten. Das verhagelte dann mit Ärger über soviel Dreistigkeit etwas die Laune an diesem Abend.
Am folgenden Tag stand die Fahrt über die Küstenstraße nach Perast an, wo wir das 300 Einwohner-Dorf genau erkundeten. Der ehemalige Seefahrerort hatte früher in manchen Zeiten trotz seiner beschaulichen Größe aber sogar eine größere Seeflotte als Dubrovnik. Der Ort stand jahrelang unter venezianischer Herrschaft und erwehrte sich immer gegen die Angriffe des osmanischen Reiches. Mit dem Fall von Venedig 1797 verlor Perast aber auch seine jahrhundertelangen Privilegien als wichtiger Grenzort. Nach unserer Rückkehr nach Muo machten wir uns zu zweit noch die Aufgabe, die berühmte Stadtmauer von Kotor zu erkunden. In Montenegro waren wir bei Eintritten oder Parkgebühren mittlerweile kleine Preise gewöhnt, was auch alles angemessen war. Den Eintritt von acht Euro für den Gang über eine Mauer fanden wir nicht ganz passend, zahlten es aber doch, da wir uns auf das Erlebnis schon gefreut hatten. Die Stadtmauer zieht sich etwa vier Kilometer um die Altstadt, wobei der Bau sich über 400 Jahre hinzog. Von der Spitze der Mauer war die Stadt gegen Angreifer immer gut zu verteidigen, wodurch sich der Bau dann ja schließlich auch lohnte. Die Erklimmung der Stadtmauer ist aber nichts für kurzatmige Wanderer, galt es doch 1350 Treppenstufen zu erklimmen. Dabei steht auch die Sicherheit der Wanderer nicht ganz vorne auf der Agenda des verantwortlichen „Sicherheitsbeauftragten“. Immer wieder gibt es keine Wegsicherung und direkt neben dem Weg geht es steil herunter. Die Konzentration muss dafür bei Auf- und Abstieg stets gewahrt bleiben, da auch die Treppenstufen unterschiedlich hoch sind und der Weg beileibe nicht immer befestigt ist. Bei Nässe sollte man sich aus meiner Sicht generell überlegen, den Weg zu erkunden. Alleine der Ausblick entschädigt aber schon für die Tortur der Treppenstufen.
Der nächste Ausflug brachte uns auf die Halbinsel Lustica. Dort sollen mittlerweile einige alte Familienolivenölmühlen wieder laufen, was uns aber während der Fahrt nicht auffiel. Unsere Reise führte uns dort nach Rose, wo laut Reiseführer mittlerweile viele serbische Filmstars in den warmen Monaten wohnen sollen. Aufgefallen ist uns aber keiner, wir hätten aber zugegeben auch keinen erkannt. Im Ort Rose wurde unweit des Wassers aber augenscheinlich auch ein Film gedreht, wovon wir uns aber nur kurz einen Überblick verschafften. Die dortigen Restaurants haben aber direkt an dem kleinen Hafen ein tolles Ambiente. Das Lustica früher mit Masse militärisches Sperrgebiet war, wurde uns am Nachmittag deutlich gemacht. Wir buchten im Hafen von Kotor eine dreistündige Bootstour, wo wir allerdings ungeschickterweise die Anbieter unserer Tour mit anderen Anbietern nach einer Anzahlung am morgen verwechselten und als typisch blöde Touristen auf dem falschen Boot landeten. Die Anbieter klärten aber untereinander unsere beabsichtigte Tour und Zahlung, so dass sich für uns nichts änderte. Die beiden Verkäufer sahen sich aber zu unserer Entschuldigung auch zum Verwechseln ähnlich. Die Bootstour mit dem PS-starken Barracuda-Boot brachte uns mit 20 Meilen schnell den jeweiligen Zielen näher. Zunächst machten wir einen Abstecher nach Perast, wo wir die beiden Kircheninseln direkt davor ansteuerten. Die für die Öffentlichkeit gesperrte Insel St. George (Sv. Dorde) thront auf einem natürlichen Steinriff, während die zugängliche Insel mit der für zwei Euro zu besichtigenden Kirche künstlich entstand, da dort immer mehr Steine abgelagert wurden. Weiter ging es mit dem Boot Richtung Buchtende, wo wir der Lustica-Halbinsel wieder begegneten. Hier fuhren wir in einen der drei ehemaligen U-Boot-Bunker, was von außen zunächst sehr klein aussah. Im Inneren wurde schnell klar, welche großen U-Boote dort Unterschlupf bekommen konnten. Die Bunker wurden aber erst nach den Zweiten Weltkrieg gebaut und dienten der jugoslawischen Armee als Marinestützpunkt. Der Eingang der Bunker war sogar mit Plastiksteinen getarnt, damit diese im Falle des Herabfallens keine großen Schäden anrichteten. Der letzte Teil der Bootstour ging raus auf die Adria, wo weiter im Süden nach einer Festung im offenen Meer die sogenannte „blaue Höhle“ an der Küste aufgesucht wurde. Dort konnten wir aufgrund des Wellengangs leider nicht baden, doch alleine der Blick in der Höhle mit dem wahnsinnig blauen Wasser und fliegenden Fledermäusen war sehr beeindruckend. Als Entschädigung für das dort verpasste Badeerlebnis brachte uns unser Skipper „Bojan“ in eine andere Ecke an der Küste, wo wir dann noch einmal in die Adria springen konnten. Die 50 Euro pro Person für die Bootstour können wir alle empfehlen, die Eindrücke sind definitiv bleibend. Die Reise ist bei einigen Anbietern aber auch noch günstiger zu bekommen.
Ein weiterer Ausflug brachte uns über die Küstenstraße und die Fähre nach Herceg Novi, wobei wir uns die Altstadt mit ihren 100 000 Treppenstufen nicht anguckten. Stattdessen zog es uns in den Hafenbereich nach Porto Novi. Auf einem riesigen Areal sind dort in den letzten Jahren viele Luxusbauten entstanden, die sich im Vergleich mit anderen Hotspots der HighSociety nicht zu verstecken brauchen. Eine Hotelanlage wurde laut einem Angestellten einer Anlage in Dubai als die erste in Europa nachempfunden und ist bei Übernachtungen sehr teuer. Unser Blick auf Infintypools oder Schaukeln über dem Hafen bestätigte diese Aussagen. Der Angestellte begleitete uns schließlich aus dem Hotelkomplex wieder heraus und zeigte uns den Weg zu unserem Fahrzeug, da wir uns ja „verirrt“ hatten. Mit Blick auf die Yachten kann man im Hafenbereich übrigens sehr gechillt ein Getränk zu sich nehmen und die Gegend träumerisch beobachten.
Den letzten kompletten Tag in Kotor verbrachten wir schließlich in Kotor selber. Neugierig erkundeten wir jede Gasse der Altstadt auf der Suche nach dem passenden Mitbringsel. Anschließend genossen wir noch einmal das Flair der Altstadt von einem der zahlreichen Cafés. Dieses Mal hatten wir auch Glück, als wir bei BBQ Tanjga unweit der Altstadt einkehren wollten. In den Vortagen hatten wir schon einmal probiert, dort zu essen. Doch vermutlich hatten noch mehr Menschen als wir die Google-Rezensionen und Tipps aus dem Reiseführer gelesen. Diese sollten sich schließlich bewahrheiten, waren doch die Fleischspeisen dort sehr köstlich. Mit vollem Magen wurde der letzte Nachmittag schließlich halb benommen auf der Terrasse verbracht, ehe am Folgetag die Rückreise über Dubrovnik und Wien nach Hannover anstand.
Fazit: Kotor ist allemal eine Reise wert. Es bietet sich aber die Vor- oder Nachsaison an, da der Sommer sehr überlaufen sein soll. Das Jahr über erwartet die Stadt alleine 576 Kreuzfahrtschiffe, dazu noch viele weitere kleinere Schiffe und Busse mit Millionen von Besuchern. Zeitweise erreichen Kotor bis zu sechs Kreuzfahrer am Tag, die dann Touristenmassen in der Stadt abladen. Im Mai hatte die Bucht von Kotor für uns auch schon Badetemperatur und viele Sonnenstunden, weshalb wir einen Urlaub hier auch zu dieser Zeit ohne Probleme empfehlen können.

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