Die kleinste höchste Kneipe Norddeutschlands steht in Rott

Einweihung am 17. Juli / Platz für sechs Personen

Rott/Deinsen (gök). Als der 2011 verstorbene Entertainer Peter Alexander 1976 sein Lied von der kleinen Kneipe veröffentlichte, war die Kneipenkultur in Deutschland noch eine andere. Fast jedes Dorf hatte mindestens eine und oft sogar viel mehr Kneipen, wo die Menschen gerne ihre Freizeit verbrachten. In den letzten knapp 50 Jahren hat sich das zum Teil aber dramatisch gewandelt und ein großes Kneipensterben setzte in den letzten Jahren ein. Auch im Külftal am Rande des Flecken Duingen existiert mittlerweile keine Kneipe mehr, so dass sich die Menschen privat treffen und ihr Feierabendbier oft in kleiner Runde genießen. Warum also nicht selber eine Kneipe bauen?

Bei einer dieser Runden entstand vor rund drei Jahren auch so eine „Schnaps-Idee“, die wieder etwas Kneipenkultur nach Rott zurückbringen wird. Die Überlandwerke Leinetal traten an Mark Hollstein heran und kauften ihm ein kleines Grundstück in Rott an der Dorfstraße ab, um dort ein neues Transformatorenhäuschen zu bauen. Im Gegenzug kaufte Hollstein aber den Überlandwerken für einen symbolischen Euro das alte Transformatorenhaus ab, da vorher sich schon die Idee im Kopf seiner Clique festgesetzt hatte.

„Wir wollten die kleinste höchste Kneipe von Norddeutschland bauen“, erklärt Hollstein im Gespräch. Der Clique um Mark Hollstein, Oliver Gusek, Alina Michael, Florian Reimers, Klaus Beining und Sebastian König war bewusst, dass es zu der kleinsten Kneipe von Norddeutschland nicht ganz reichen sollte. Nach Recherche von Hollstein steht diese mit einer Fläche von 4,5 Quadratmetern in Varel. Das Transformatorenhäuschen in Rott hat aber Innenmaße von 2,40 mal 1,90 Meter, weshalb man im Külftal jetzt auf 4,56 Quadratmeter kommt. Als Transformatorenhäuschen hat man aber stattdessen eine Höhe von rund acht Metern, wobei Rott selber auch auf einer Höhe von 169 Meter liegt. „Wir haben die Corona-Zeit gut genutzt und immer wieder einzeln oder in Kleingruppen in unserem „FAP“ gearbeitet“, so Gusek. „FAP“ steht dabei für „Feier-Abend-Pils“, da man sich gerne nach getaner Arbeit mal auf ein Getränk zusammensetzt. Insgesamt hat die Gruppe geschätzt rund 500 Arbeitsstunden und etwa 6500 Euro in das Projekt eines gemeinsamen Treffpunktes investiert. Dahinter steht aber kein Verein oder Gewerbe, sondern nur eine Privatinitiative. Trotzdem haben schon etliche Personen die Gruppe während der Arbeiten auf das Projekt angesprochen und auch ein Junggesellenabschied hat vor der offiziellen Einweihung schon in dem Häuschen zusammengesessen. „Man spürt, dass die Neugier auf unser Vorhaben groß ist. Immer wieder haben Menschen an unserem Häuschen während der Arbeiten angehalten und gefühlt kommen jetzt auch mehr Fahrradfahrer auf einen Ausflug nach Rott“, erklärt Hollstein augenzwinkernd.

Für das Freizeitprojekt zeigten sich einige gleich auch so begeistert, dass sie sofort Unterstützung zusagten. Die Gilde-Brauerei etwa unterstützte sofort mit einem Metallschild, einem Schaukasten, Gläsern, T-Shirts und schenkten dem Team noch eine Brauereiführung. Bei soviel Unterstützung war es für das Team dann auch gleich klar, dass auf das Häuschen dann ein großes Bierglas mit Gilde-Werbung kommen sollte. Mit der Unterstützung eines Sprayers wurde schließlich auch das äußere von dem Haus ansprechend gestaltet und garantiert einen hohen Wiedererkennungswert. „Keine Resonanz gab es leider vom Überlandwerk für unsere Arbeit, da hätten wir uns zumindest mal einen Besuch erhofft“, ist die Gruppe leicht enttäuscht.

Im Inneren des Hauses stand nach dem Kauf viel Arbeit an. So wurde das Gebäude zunächst komplett entkernt und auch zwei Fenster mit viel Aufwand in die Vierzig-Zentimeter-Wände eingesetzt. Ein Ziegelwand wurde auch komplett vom Putz befreit, was jetzt dem kleinen Schankraum ein besonderes Flair verteilt.

Das Haus hat insgesamt eine Innenhöhe von rund 7,50 Meter, weshalb auch eine zweite Etage eingezogen wurde. Über eine Leiter kommt man in den oberen Stock, wo auf einem Sofa und Hocker etwa vier weitere Menschen bequem Platz haben. Im unteren Bereich am Tresen kann man dank der Barhocker auch mit sechs Besuchern noch gut sitzen. Die kleinste Kneipe der Region hat sogar Stromversorgung und fließend Wasser. Im Winter sorgt ein Heizlüfter für warme Luft, worauf man bei voller Besetzung aber nach rund anderthalb Stunden verzichten kann. „Dann ist es warm genug, auch weil wir eine Klappe zum oberen Stockwerk wegen dem Wärmeverlust eingebaut haben“, so Florian Reimers. Bei den Ausbauarbeiten konnte dann jeder der Clique sein besonderes Talent einbringen, was von Holzarbeiten über Motivation bis Metallarbeiten reichte. Mit dem Fortschritt der Arbeiten kamen auch immer mehr Ideen ins Gespräch. In der Zwischendecke gab es zum Beispiel an der Wand ein Loch, weshalb Oliver Gusek mit dem Bau eines Flaschenfahrstuhls beauftragt wurde. So können Nutzer des Obergeschosses ohne Auf- oder Absteigen auf der Leiter immer mit ausreichend Getränken versorgt werden und das Loch erfüllt dann auch einen guten Zweck. Für die Zukunft haben die sechs Kneipenbesitzer auch schon einige weitere Ideen, die aber erst noch bei dem ein oder anderen Kaltgetränk überdacht werden müssen. Die Gruppe plant, dass man sich zukünftig vielleicht einmal im Monat in der neuen Kneipe zu einem Abend trifft. Ständig bewohnt wird das FAP zukünftig nur weiter von den Mauerseglern, die sich manchmal piepend lautstark beschweren, wenn am Tresen zu laut erzählt wird.

Damit auch die Neugier in der Öffentlichkeit befriedigt wird, plant die Gruppe am Sonntag, den 17. Juli ab 11 Uhr einen Tag der offenen Tür. Dazu wird es sogar eine Straßensperrung in Rott geben, damit auch mehr als die zukünftig maximal sechs Besucher am Tresen rund um das FAP feiern können. Für musikalische Unterhaltung wird dann der Musikverein Marienhagen und der Posaunenchor Deinsen sorgen, wobei es natürlich auch genügend Speisen und Getränke geben wird.

Foto5201+5198: In der Dorfstraße ist das „FAP“ ein richtiger Blickfang

Foto5180+5189: Ein Aufzug sorgt für Getränke im Obergeschoss

Foto5183+5196+5197: Liebevoll wurden bereits einige Wände dekoriert

Foto5191: Im Obergeschoss gibt es eine hohe Decke

Foto5193: Im Obergeschoss kann auf dem Sofa Platz genommen werden

Foto5199: Das Eingangsschild und das Schaufenster haben die Initiatoren von der Gilde-Brauerei geschenkt bekommen

Foto522: Die sechs Freunde haben das Projekt für sich umgesetzt

Foto526: Der erste gemütliche Abend der sechs Freunde fand auch schon im FAP statt