Betonwerk Marienhagen als kultureller Mittelpunkt

Konzerte und Vereinsleben in Marienhagen

Marienhagen (gök). Einige ältere Einwohner von Marienhagen kennen den Bereich noch als Kalkwerk mit den umliegenden Steinbrüchen. Lokschuppen oder Knackerhalle sind noch als solche zu erkennen und auf dem Gelände gibt es auch noch einige für die Öffentlichkeit unbekannte Wege. In den sechziger Jahren entwickelte sich das Kalkwerk nach der Aufgabe des Betriebes aber zum Betonwerk, was dann einige Jahrzehnte als solches betrieben wurde. Nachdem der Firmenbesitzer gestorben war, sprach die Witwe Andreas Besler an, da der als handwerklich geschickter Mensch immer Interesse an Werkzeugen hatte. Besler erkannte aber das Potential des Geländes am oberen Rand von Marienhagen und kaufte das gesamte Betonwerk mitsamt Inhalt 2003.

„Zuerst hatte ich den Gedanken an Wohnraum mit vielen anderen, weshalb ich mich auf die Suche nach Menschen auf gleicher Wellenlänge machte“, so Besler. Lange war aber nicht klar, ob das Gelände zu Marienhagen gehört, weshalb er heute noch der damaligen Samtgemeinde Duingen für die Unterstützung bei der Aufstellung eines neuen Bebauungsplans sehr dankbar ist. Bis zu seinem Umzug nach Marienhagen dauerte es für den damaligen Grünenplaner zwar etwas, aber das Warten sollte sich lohnen. „Mittlerweile kann ich das sicherlich als Lebenswerk bezeichnen, wo man allerdings nie fertig wird. Ich hätte mir damals nie vorstellen können, welche Entwicklung das alles mal einnimmt“, so Besler immer noch beeindruckt mit Blick auf die zurückliegende Zeit.

Auf dem Gelände wurde schließlich viel gebaut und umgebaut, so dass derzeit zehn Menschen in mehreren Wohnungen auf dem Betonwerk-Gelände wohnen. Die ehemalige Werkshalle war für die Bewohner zunächst als Gemeinschaftsraum für gemeinsames Kochen oder auch mal zum Feiern angedacht. Aus der Halle entwickelte sich dann aber sozusagen ein richtiger Konzertsaal, in dem schon viele Konzerte stattfanden. „Ich war früher viel in der Musikszene unterwegs und auch mit Aufbau oder Abmischen bei Bands beschäftigt. Die Blues- und Jazzszene in Hildesheim fand ich zudem immer toll und organisierte Fahrgemeinschaften zu den Konzerten nach Hildesheim“, erinnert sich Besler auch gerne an diese Zeit zurück. Doch bei einer Geburtstagsfeier in Marienhagen vor etwa acht Jahren entwickelte sich die Idee, Konzerte auch mal in Marienhagen zu veranstalten. Kurzerhand wurde 2016 der Verein „Betonwerk e.V.“ gegründet, der unter der Führung von Besler auch eine Bühne in die Halle baute.

Geplant werden seitdem immer mindestens drei Konzerte im Jahr, wobei im Ausnahmefall bis zu fünf im Betonwerk stattfinden dürfen. Der Verein pflegt zu den Genehmigungsbehörden ein gutes Verhältnis, wo man auch Probleme konstruktiv angeht. So war dem Verein und den Bewohnern des Betonwerkes immer wichtig, dass auch die Anlieger mitgenommen werden und sich nicht belästigt fühlen. So gibt es anders als bei ähnlichen Einrichtungen auch keine Probleme mit der Lautstärke bei den Konzerten. Generell enden die Konzerte immer spätestens um Mitternacht und die Lautstärke wird dann runtergedreht. „Das heißt nicht, dass dann alle nach Hause gehen. Wir halten dann aber nur noch einen Klönschnack mit leiser Musik, wodurch die Akzeptanz im Ort gestärkt wurde“, so Besler.

Der Verein sieht dabei zu, dass das Gelände immer weiterentwickelt wird. Gerade erst wurde auch eine Außenbühne fertiggestellt, die standesgemäß vom örtlichen Musikverein eingeweiht wurde. „Wir können uns auch Konzerte mit älteren Senioren vorstellen, die eh immer gerne vorbeikommen. Bei schönem Wetter kommen fast täglich ältere Senioren mit ihren Rollatoren vorbei und freuen sich über einen Schnack am Gartenzaun. Genau beobachtet werden dann unsere Baumaßnahmen, worüber wir uns dann auch austauschen“, so Besler zufrieden. Das Betonwerk hat sich nicht nur dem Bluesrock verschrieben, sondern ist auch offen für jede andere Art der Musik. Profitiert hat das Betonwerk auch von der Dorferneuerung in Marienhagen. So war man im Arbeitskreis als Geschichtsort des Dorfes vertreten. Da Vereine dort auch berücksichtigt werden können, nutzte man die Gelegenheit und stellte etwa mit Hilfe von einer Pflasterung Barrierefreiheit auf dem Hof her. Auch neue Toiletten konnten mit Hilfe der Dorferneuerung umgesetzt werden. „Vorher sind die Leute bei Konzerten noch auf meine Privattoilette gegangen, was zwar kein Problem war, aber auch zu Wartezeiten führte“, erklärt der Vereinsvorsitzende. Die vielen Projekte konnten dank der Maschinen aus dem alten Betonwerk und der vielen Helfer und Eigenleistungen immer gut umgesetzt werden. Noch vor zehn Jahren hätte Besler nie damit gerechnet, dass sich mal alles auf dem Gelände so Richtung Verein entwickelt und die Dorfgemeinschaft so integriert wird.

Denn mittlerweile finden nicht nur Konzerte auf dem Gelände statt. Vor Weihnachten etwa wird immer unter Hinzuziehung vieler örtlicher Vereine ein Weihnachtsmarkt veranstaltet, wovon alle in der Dorfgemeinschaft profitieren. Auch kann sich der Verein vorstellen, dass die Senioren eine eigene Sparte bilden. Ideen wie etwa für ein Brotbackhaus gibt es im Verein auch, was die Möglichkeiten noch einmal vergrößern würde. In der Vereinssatzung ist neben der Förderung der Kultur auch der ökologische Anspruch hinterlegt. So wirtschaftet der Verein ökologisch und begrünt etwa seine Dächer, heizt mit Holz oder investiert in Photovoltaik. Auch Konzerte werden so nachhaltig wie möglich durchgeführt. Viele Konzertbesucher etwa freuen sich laut Besler immer auf das abwechslungsreiche Essen, wo immer auch ein veganes Essen angeboten wird. „Ich selber esse auch Fleisch und wir machen nichts mit mahnendem Zeigefinger. Wir sehen das immer alles sehr entspannt und ein großer Teil der Besucher ist schon immer gespannt, was es rund um die Konzerte gibt“, so Besler zufrieden.

Mittlerweile ist auch die Anzahl der Bandanfragen für einen Auftritt in Marienhagen sehr gestiegen, da die Bands laut Besler das besondere Ambiente und die Gastfreundschaft sehr schätzen. In Ausnahmefällen können die Bands auch im Betonwerk übernachten, wofür der Verein sogar ein Gästebett unter das Dach der Halle gebaut hat. Bisher hat der Verein keine Sponsoren, freut sich aber immer über Unterstützung. Der kleine Verein muss in der Planung immer flexibel sein, um auf den Kosten für ein Konzert nicht sitzenzubleiben. Anmeldungen für das Konzert auf Sitzplätze und Stehtische unter betonwerk-events@gmx.de erleichtern immer die Planung. So gab es etwa beim letzten Konzert Anfang des Jahres schon 60 Anmeldungen, wobei 100 Besucher zur Kostendeckung immer das Ziel sind. Durch die Reservierungsmöglichkeiten hat es der Verein auch einfacher Essen und Getränke zu kalkulieren, da man Essen nicht wegschmeißen will. Das alles ist eine tolle Entwicklung, über die sich der Verein sehr freut. Das tut auch dem Zusammenleben auf dem Gelände gut, wo die Altersspanne von einem Jahr bis zu 61 Jahren mit Andreas Besler selber reicht. Bedarf hat der Verein auf jeden Fall noch in der Öffentlichkeitsarbeit, da trotz aller Talente im Verein bisher keiner eine passende Homepage gestalten konnte. Interessierte Unterstützer können sich besonders dafür immer gerne beim Verein melden.

Das nächste Konzert ist am 25. März geplant, wenn „Dogs on Lead“ dem Publikum kräftig einheizen soll. In den Sommermonaten werden Konzerte normalerweise nicht geplant, da es dann immer zu viele andere Open-Air-Veranstaltungen wie etwa Dorffeste gibt.

Foto2022+0024: Die Außenbühne wurde vom Musikverein und Kindergarten eingeweiht

Foto3798: Das „Glück Auf“-Schild ist noch ein Relikt aus der Kaliwerk-Zeit

Foto3799: Ein Schlafplatz wurde unter der Decke angebaut

Foto3800: Die Bühne wurde mit viel Hingabe gebaut

Foto3801: In der ehemaligen Werkhalle ist viel Platz für Konzerte

Foto3802: Die Küche hat eine Ausgabe für Essen

Foto3803: Die Carports der Bewohner können bei Veranstaltungen auch genutzt werden

Foto3807: Andreas Besler an der Bar im Betonwerk

Foto3808: Die gerade fertiggestellte Außenbühne

Foto0005: Bei den Konzerten gibt es immer wieder verschiedene Leckereien

Foto0016+0020: Beim vorweihnachtlichen Markt gibt es jedes Jahr allerhand zum Schauen

Foto3435: Die Musiker von Black Eyed Daisy bei ihrem Konzert

Foto3437: Die Konzerte im Betonwerk sind meistens sehr gut besucht