Auch ohne Förderung will Salzhemmendorf weitermachen
Freiwilligenagentur ist eine Erfolgsgeschichte
Salzhemmendorf (gök). 16 Jahre lang hat die Freiwilligenagentur in Salzhemmendorf für Unterstützung des Ehrenamtes gesorgt. Seit diesem Jahr unterstützt das Land aber nur noch eine Freiwilligenagentur pro Landkreis, weshalb Salzhemmendorf jetzt raus ist. Wie geht es weiter?
Seit der Einrichtung der Freiwilligenagentur im Herbst 2007 bestand eine immer wieder jährlich befristete Landesförderung, die in den letzten Jahren schon sukzessive reduziert wurde. Durch Änderung der „Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Maßnahmen im Bereich des Bürgerschaftlichen Engagements“ kann im Landkreis Hameln-Pyrmont seit 2023 nur noch eine Freiwilligenagentur gefördert werden, sodass die Freiwilligenagentur Salzhemmendorf schlussendlich herausfiel und im Sommer einen Ablehnungsbescheid erhielt.
Salzhemmendorfs Gemeindebürgermeister Clemens Pommerening verriet jetzt im Gespräch, dass der Verwaltungsausschuss die erfolgreiche Arbeit in Salzhemmendorf aber weiter auf eigene Kosten fortsetzen will. „Wir sind aber schon verschnupft, weil sich das Land ja eigentlich die Unterstützung des Ehrenamtes auf die Fahnen geschrieben hat. Das Land lässt Salzhemmendorf jetzt aber im Regen stehen, die gute Arbeit wird nicht honoriert“, ist Pommerening verärgert über die Entscheidung des Landes, dass jeder Landkreis nur noch eine Freiwilligenagentur gefördert bekommt. Im Landkreis Hameln-Pyrmont ist dabei die Entscheidung für Hameln gefallen, die auch deutlich größer ist als Salzhemmendorf. Salzhemmendorf war in der Vergangenheit schon eine Besonderheit, da es nicht viele so kleine Kommunen mit eigener Freiwilligenagentur gab. „Zu diesem Zeitpunkt habe ich persönlich aber eine Streichung nicht erwartet. Bei der Einrichtung der Stelle war ich noch skeptisch, doch die Freiwilligenagentur hat die Gemeinde sehr viel weitergebracht“, lobt Pommerening das Engagement der eigenen Freiwilligenagentur, die zuletzt mit zehn Stunden in der Woche gefördert wurde.
Die Freiwilligenagentur Salzhemmendorf versteht sich seit nunmehr knapp 16 Jahren als trägerübergreifende Informations-, Vermittlungs-, Koordinierungs- und Beratungsstelle. Die Angebote richten sich sowohl an potenzielle Freiwillige als auch an interessierte Organisationen, Institutionen und Vereine. Die Freiwilligenagentur diente als Bindeglied zu den Vereinen, wo so wertvolle Einrichtungen wie der Bürgerbus oder die Einführung der Ehrenamtskarte hervorgingen, mit der ehrenamtlich aktive Menschen auch von zahlreichen Vergünstigungen profitieren können. Eines der ersten Projekte der Freiwilligenagentur war der Aufbau der damals noch „Salzhemmendorfer Bürgerhilfe“, die sich als heutige „Bürgerhilfe am Ith“ einen Namen gemacht hat und auf vielfältige Weise sozial schwache Menschen unterstützt. Sie ist auch heute einer der wichtigsten Kooperationspartner der Freiwilligenagentur.
Die Freiwilligenagentur Salzhemmendorf hat sich als Anlaufstelle rund um das Ehrenamt etabliert und ist von einer reinen Vermittlungs- zu einer Entwicklungsagentur geworden. Aufgrund der Öffentlichkeitsarbeit wie etwa hinsichtlich der kostenlosen Rechtserstberatung für Vereine wird sie oftmals auch von Ratsuchenden aus dem gesamten Kreisgebiet kontaktiert. Dank dem Engagement der Freiwilligenagentur gelang es aber auch, Vereine vor der Auflösung zu bewahren. Das DRK Benstorf (2016) und DRK Salzhemmendorf (2019) standen jeweils kurz vor der Auflösung, weil sich kein Vorstand fand. Durch intensive Bemühungen der Freiwilligenagentur kam jeweils ein Treffen möglicher Vorstandsmitglieder zustande, die dann auch jeweils den Verein übernommen haben und zum Teil heute noch führen oder dem Vorstand angehören.
Aktiv wurde die Freiwilligenagentur unter der jetzigen Führung durch Katharina Sander auch bei Problematiken rund um die Flüchtlingskrise 2015, der Pandemie oder dem Ukraine-Krieg. Vor Ort musste oft schnell Hilfe geleistet oder organisiert werden, wo das Netzwerk der Freiwilligenagentur maßgeblich half. Eine enge Zusammenarbeit gab es aber auch mit dem örtlichen Seniorenrat oder den Ehrenamtsstrukturen in Osterwald und Wallensen-Ockensen-Levedagsen-Thüste (WOLT), wo bereits entsprechende Förderprogramme laufen.
Ein Beweis für die qualitativ hochwertige Arbeit der Freiwilligenagentur Salzhemmendorf dürfte die mittlerweile dreimalige Zertifizierung mit dem Qualitätsgütesiegel der bagfa (2013, 2016 und 2021) sein. Diese erfordert eine sehr umfangreiche Dokumentation der täglichen Arbeit sowie der Arbeitsstrukturen. Insbesondere das Audit im Rahmen der Rezertifizierung 2021 hat jedoch gute und hilfreiche Impulse für die Weiterentwicklung der Freiwilligenagentur gebracht, sodass sich der Aufwand auch gelohnt hat.
„Die Freiwilligenagentur als Anlaufstelle rund um das Ehrenamt ist aus dem Flecken Salzhemmendorf nicht mehr wegzudenken. Im Lauf der Zeit ist mühsam ein stabiles Netzwerk aufgebaut worden, das sich immer noch weiterentwickelt und stärker zusammenwächst. Es braucht einen verlässlichen Ansprechpartner vor Ort, der sich bei Fragen und Problemen kümmert und dieses Netzwerk pflegt“, befindet auch Bürgermeister Pommerening. Die Aufgabenbereiche der Freiwilligenagentur sind im Laufe der Jahre immer umfassender und komplexer geworden – bei immer gleichbleibender Arbeitszeit von Katharina Sander. Dass die Landesförderung nun gestrichen wird, widerspricht laut der Salzhemmendorfer Verwaltung dem erklärten Ziel der Wertschätzung von bürgerschaftlichem Engagement. Aufgrund des Wegfalls der Landesförderung besteht künftig nicht mehr die zwingende Notwendigkeit für die Freiwilligenagentur, am Qualitätsmanagementverfahren teilzunehmen. Als Ausgleich hierfür wird der Freiwilligenagentur künftig ein Zeitanteil für die Verbesserung der kulturellen Angebote im Flecken Salzhemmendorf hinsichtlich Absprache und Koordination zugeschlagen.
Foto: 2021 wurde die Freiwilligenagentur zuletzt zertifiziert, hier Clemens Pommerening und Katharina Sander
Foto: 2021 feierte die Freiwilligenagentur 15jähriges Bestehen
Foto: Auch bei der Gründung des Bürgerbusvereins unterstützte die Freiwilligenagentur
