Ökumene im Klassenzimmer
Kirchen wollen einen gemeinsamen Religionsunterricht
Alfeld. Vom neuen Schuljahr an soll der Religionsunterricht an den niedersächsischen Schulen schrittweise reformiert werden. Zukünftig sollen evangelische und katholische Schülerinnen und Schüler nicht mehr nach Konfessionen getrennt unterrichtet werden, sondern gemeinsam. Dafür wollen die beiden großen Kirche zusammen Verantwortung für einen christlichen Religionsunterricht (CRU) übernehmen. Über Chancen und Herausforderungen des gemeinsamen Unterrichts sprach jetzt auf Einladung der Religionspädagogischen Arbeitsgemeinschaft im Kirchenkreis Dr. Eike Hinrich Thomsen in Alfeld. Er ist Referent für den christlichen Religionsunterricht von der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen.
Seit 2021 wird bereits an der Umsetzung des neuen Unterrichtsfachs gearbeitet, auch in Kooperation mit dem niedersächsischen Kultusministerium. Ziel sei ein Unterricht, bei dem das Gemeinsame überwiege und der doch auch die Unterschiede der Konfessionen klar benenne. „Es gibt didaktische und theologische Übereinstimmungen“, sagte Thomsen. Als Beispiele nannte er die gemeinsame biblische Überlieferung wie die Taufe oder das Bekenntnis zum dreieinigen Gott. Der Unterricht von katholischen und evangelischen Lehrkräften bleibe aber bekenntnisgebunden.
Ein weiterer Hintergrund der Reform dürfte die stark rückläufige Zahl evangelisch geprägter Schülerinnen und Schüler sein. Laut Statistik lag dieser Wert 1985 noch bei 70 Prozent, aktuell seien es nur noch 40 Prozent. Stark zugenommen habe hingegen die Zahl der konfessionslosen Schülerinnen und Schüler, die mittlerweile 30 Prozent erreicht habe.
Dass der Religionsunterricht aber nach wie vor eine wichtige Größe im Leben junger Menschen darstelle, machte der Referent an der sogenannten Prägekraft des Faches deutlich. Unangefochten an erster Stelle stehe bei der Prägekraft für die spätere Haltung zur Religion die Konfirmation mit 70 Prozent, während der Religionsunterricht immer noch bei 45 Prozent liege.
Einstimmig hatten bereits die Mitglieder der Synode der evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers die Absicht der evangelischen Kirchen der Konföderation und der katholischen Bistümer in Niedersachsen begrüßt, eine Vereinbarung über die Einführung eines christlichen Religionsunterrichts abzuschließen und gemeinsam eine verbindliche Regelung mit dem Land Niedersachsen zu treffen. Ein Religionsunterricht, der nach den vereinbarten Grundsätzen beider großen Kirchen erteilt wird, stelle nach Ansicht der Synode eine zeitgemäße und zukunftsfähige Konkretisierung des Religionsunterrichts dar.
Laut aktuellem Zeitplan soll im Schuljahr 2025/2026 mit dem neuen Modell an den Grundschulen mit der Jahrgangsstufe 1/2 und im Sekundarbereich I mit der Jahrgangsstufe 5/6 begonnen werden. Alle übrigen Jahrgangsstufen würden kontinuierlich folgen. Als Chancen des christlichen Religionsunterrichts nannte Thomsen die Stärkung von Toleranz sowie die Förderung der ökumenischen Grundhaltung und der Urteils- und Dialogkompetenz.
Doch es gebe auch Herausforderungen, wie den Blick auf zwei Konfessionen in einem gemeinsamen Unterricht: „Da dürfen wir nicht bei bloßen Vergleichen stehen bleiben“, sagte Thomsen im Alfelder Lutherhaus vor evangelischen und katholischen Lehrkräften. Sein Fazit: „Mit dem gemeinsamen Unterricht betreten wir kirchenhistorisches Neuland. Und Niedersachsen geht dabei voran.“ Peter Rütters
BU Vortrag: Vor Lehrkräften und der Superintendentin Katharina Henking sprach Dr. Eike Hinrich Thomsen (Mitte) über den neuen christlicher Religionsunterricht.
Foto/ Quelle: Peter Rütters